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Blickpunkt:Film: Welches sind für Sie die wichtigsten Themen bei den Medientagen 2003?

Erwin Huber: Die Medienbranche muss wieder Vertrauen gewinnen und ihre Kreativität stärken - aus gutem Grund ist dies auch das Motto der Medientage 2003. Dies betrifft alle Medienfelder gleichermaßen. Eine Konsolidierung allein genügt für einen Aufschwung nicht, auch wenn mit der Neuverteilung der Kräfte Dynamik in den Markt kommt. Wichtigstes Thema sind und bleiben die Innovationen. Zusammen mit den notwendigen strukturellen Änderungen bringen sie den erhofften wirtschaftlichen Impuls. Taktgeber der weiteren Entwicklung wird die Digitalisierung der klassischen Übertragungswege für Rundfunk sein. Mit der gemeinsamen digitalen Basis ergeben sich auch neue Herausforderungen für Inhalte und ihre Darbietung. Konsequent und bedeutsam ist daher die Integration der Messe "Digital Signs" und des Ausbildungsforums "Mediencampus" in den Medientagsrahmen.

BF: Hat der Standort Bayern die [Kirch](/company/kirchmedia)-Krise gut überstanden?

EH: Ein so zahlenmäßig starker und vielfältiger Medienstandort wie Bayern konnte natürlich auch in schwierigeren Zeiten anders agieren - eine Frucht erfolgreicher Aufbauarbeit vergangener Jahre. Die Sorge und die Unsicherheit waren in den letzten Monaten trotzdem groß. Für viele Betroffene waren die Folgen schmerzhaft. Da vorhandene Potenziale und Chancen so stark sind, wurde die Krise in der Kirch-Gruppe letztendlich doch gut überstanden. Die Insolvenzverwaltung hat hier hervorragende Arbeit geleistet. [Premiere](/company/sky-deutschland) wird erfolgreich saniert. Neue Geschäftsideen greifen. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2003 wuchs die Zahl der Abonnenten auf insgesamt 2.715.732. Schwarze Zahlen im ersten Quartal des Jahres 2004 erscheinen realistisch. [ProSiebenSat.1](/company/prosiebensat1-media-se) wurde von einem bedeutenden ausländischen Unternehmer als zukunftsträchtige Investition angesehen.

BF: Welche Bedeutung hat die Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch Haim Saban für den Medienstandort Bayern?

EH: Das Engagement von Herrn Saban gibt dem Unternehmen zunächst Stabilität, weil die Insolvenzverwaltung beendet wird. Als Medienunternehmer kann er neue und andere Zukunftsperspektiven eröffnen. Der neue Mehrheitsaktionär bringt große internationale Erfahrung und beste Kontakte zur US-Filmwirtschaft mit. Da sehe ich mehr als eine Voraussetzung erfüllt, um das Unternehmen im nationalen Markt erfolgreich fortzuführen. Arbeitsplätze werden erhalten, neue Investitionen und damit auch neue, hochwertige Arbeitsplätze stehen in Aussicht. Nicht übersehen werden dürfen die positiven Effekte auf die vor- und nachgelagerten Bereiche einer erfolgreichen Fernsehproduktion, also etwa für Inhalteanbieter, Werbung, u. a.

BF: Wie intensiv ist persönlich Ihr Kontakt zu Haim Saban?

EH: Als bayerischer Medienminister hatte ich mehrmals längere Kontakte mit Herrn Saban und auch erneut anlässlich des Vertragsschlusses. Dieses Engagement war und ist für mich selbstverständlich, wenn es um die Zukunft der zweitgrößten privaten deutschen Senderfamilie geht. Darüber hinaus entspricht der unmittelbare Dialog der unkomplizierten und sehr persönlichen Art, wie Herr Saban seine Geschäfte führt.

BF: Wie beurteilen Sie die Initiative des Hamburger Senats, ProSiebenSat.1 in die Hansestadt zu locken?

EH: Komisch war es schon, dass ProSiebenSat.1 und Teile des Hamburger Senats erst aus der Zeitung von diesem angeblichen Angebot erfuhren. Eine echte F.D.P.-Nummer eben. Den Wunsch kann ich zwar verstehen, aber keinen vernünftigen Grund erkennen, der für einen Ortswechsel des Konzerns spricht. Die Vorstellung ist nahezu weltfremd, einen laufenden Betrieb mit der Aussicht auf günstige stadteigene Grundstücke abwerben zu können. Bei [ProSieben](/company/prosieben-television), [Sat.1](/company/sat1-satellitenfernsehen), [Kabel 1](/company/kabel-eins-fernsehen) und [N24](/company/prosiebensat1-tv-deutschland) ist man mit den bestehenden Standorten sehr zufrieden. Im Übrigen habe ich Herrn Sabans Wort, dass er in München bleibt.

BF: Welche Bedeutung hat die Ansiedlung der Zentrale von Kabel Deutschland in Bayern?
EH: Die Bedeutung des Medienlandes Bayern und des Medienstandortes München werden erneut unter Beweis gestellt. Immerhin ist die Kabel Deutschland mit gut 10 Millionen Endkunden der größte TV- und Radiokabelbetreiber in Europa. Etwa 2500 Mitarbeiter betreuen die sechs Regionalgesellschaften. Mit der Ansiedlung im bayerischen Mediencluster sind wechselseitig Vorteile zu erwarten. Für Kabel Deutschland sind wir ein konstruktiver Dialogpartner, der den Ausbau des Zukunftsfaktors Breitbandkabel soweit möglich unterstützen wird. Für hiesige Unternehmen bieten sich Chancen der Innovation und Zusammenarbeit. Mit der Klärung der Sitzfrage nach dem Kauf der ehemaligen [Telekom](/company/deutsche-telekom-ag)-Tochter steht dem Aufbruch im Breitbandkabel nun nichts mehr im Wege.

BF: Wo genau wird der Standort der Kabel Deutschland sein?

EH: Kabel Deutschland plant, seine Unternehmenszentrale in den Großraum München zu verlegen. Eine definitive Entscheidung ist noch nicht getroffen. Büroräume mit günstiger Verkehrsanbindung und technischer Infrastruktur werden derzeit gesucht. Qualitativ geeignete Immobilien sind jedenfalls vorhanden.

BF: Wie beurteilen Sie die Perspektiven für die bayerische und deutsche TV-Kabellandschaft, nachdem nun alle Weichen für eine technische Aufrüstung gestellt sind?

EH: Die Aufrüstung des Breitbandkabels ist überfällig. In Bayern empfangen noch nicht einmal drei Prozent der 2,57 Mio. Kabelhaushalte digital. Das Entwicklungspotenzial ist beträchtlich, sowohl für neue Rundfunkkanäle als auch für Internetdienste am TV-Gerät. Gerade München bietet sich aufgrund der Bevölkerungs- und Infrastruktur als Testmarkt an. In ganz Bayern stehen gewichtige Kooperationspartner für den Hardwareausbau bereit. Im Bereich der Software und Netztechnik gibt es hier erste Adressen. Als Folge des Ausbaus schaffen neue Dienste Perspektiven für bayerische Inhalteanbieter. Neue Geschäftszweige, wie Video-on-demand, eröffnen kreativen Unternehmen Investitionsanreize.

BF: Ist die Talsohle im Medienmarkt Ihrer Meinung nach durchschritten?

EH: Ich meine ja. Zwar wird es noch einige Zeit dauern, bis die Impulse in konkrete Investitionen umgesetzt werden. Auch trägt die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung nicht gerade zu einer Verbesserung des gesamtwirtschaftlichen Klimas bei. Daher können die Sender noch für einige Zeit nicht an den sehr hohen Stand der Werbeeinnahmen in den Boomjahren anknüpfen. Findige Unternehmen haben deshalb inzwischen alternative Finanzierungsformen entwickelt. Die unvermeidbare Konsolidierungsphase nach dem Hype der Medienindustrie ist vorbei. Dem Costcutting müssen gerade jetzt Initiative und Invest folgen. Ein positives Signal sind die Ansiedlungserfolge, die gotoBavaria, die Standortmarketingagentur des Freistaates Bayern, für den Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie und Medien, für das laufende Jahr 2003 vorzuweisen hat. Bis Mitte August konnten in 2003 bereits 13 Unternehmen mit ca. 380 Arbeitsplätzen angesiedelt werden.

BF: Wie sind Ihre Erwartungen bzgl. des Erfolges der Medientage 2003?

EH: Bereits im letzten Jahr haben sich die Münchner Medientage als beständiger Publikumsmagnet gezeigt. Im Gegensatz zu Konkurrenzveranstaltungen im Bereich Rundfunk und neue Medien konnten die Veranstalter sogar ein leichtes Plus an Besuchern verzeichnen. Ich will die Messlatte nicht zu hoch hängen, aber ich bin auch für 2003 guten Mutes. Zumal die Signale für den Medienbereich wieder positiv sind.

Staatsminister Huber über Medientage und Standort Bayern