Blickpunkt:Film

Kino

**[Dr. Oliver Langewitz](/person/dr-oliver-langewitz), Sie leiten die [Independent Days](/company/independent-days-oder-filmfest) seit der ersten Ausgabe 1998. Was ist in diesem Jahr der programmatische Fokus?**

Ein besonders wichtiges Thema ist in diesem Jahr der Umgang mit Künstlicher Intelligenz. KI bewegt die Branche – nicht nur in der Produktion, sondern auch im Hinblick auf arbeitsrechtliche Fragen, ethische Standards und kreative Prozesse. Wir haben über den Innovationsfonds Kunst des Landes Baden-Württemberg gezielt Mittel eingeworben, um KI ins Zentrum unseres Festivals zu stellen – mit einem eigenen Kurzfilmprogramm, vollständig KI-generierten Produktionen und Expertenvorträgen wie dem von Drehbuchcoach und KI-Spezialist [Oliver Schütte](/person/oliver-schuette).

Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern um die Debatte: Welche Tools gibt es? Welche Chancen entstehen, aber auch welche Risiken? Der [BFFS](/company/bundesverband-schauspiel-bffs) ist ebenfalls unser Partner, denn natürlich gibt es Sorgen – etwa, dass Schauspieler:innen durch digitale Reproduktionen ersetzt werden. Wir wollen hier eine Plattform sein für Information und Austausch, auch mit Blick auf neue tarifliche Regelungen, wie sie zwischen BFFS und Produzentenallianz ja bereits verhandelt wurden.

**Die Independent Days gelten als Festival für unabhängige Produktionen mit Haltung. Welche weiteren Themen prägen das Programm 2025?**

Neben der Auseinandersetzung mit KI liegt uns das Thema Nachhaltigkeit besonders am Herzen. Als Green Consultant betreue ich auch Filmproduktionen und bringe diese Perspektive ins Festival ein. Unter dem Programmtitel "Earth Matters" zeigen wir Filme, die sich mit Umwelt, Zukunft und Verantwortung befassen – mit dem Ziel, mehr als nur ein „grünes Label“ zu bieten, sondern echte Anregung zur Auseinandersetzung.

Auch gesellschaftspolitische Themen sind wieder stark vertreten – etwa mit dem Programmblock "Investigating Society", der in Zusammenarbeit mit dem Presseclub Karlsruhe entstanden ist. Dort geht es um Dokumentarfilme mit journalistischer Perspektive zu Themen wie Fake News, Informationsqualität und gesellschaftlicher Polarisierung. Außerdem gibt es wieder Publikumspreis-Sektionen mit thematischer Klammer – etwa Filme rund ums Wasser oder Coming-of-Age-Stoffe über Jugendliche in Extremsituationen.

**Ein Programmpunkt fällt besonders auf: Nollywood. Warum rücken Sie den nigerianischen Film dieses Jahr so stark in den Fokus?**

Afrikanisches Kino ist immer noch ein blinder Fleck auf vielen Festivals. Wir erhalten traditionell wenige Einreichungen aus Afrika – vor allem, weil Produktionsbedingungen dort schwieriger sind. Umso erfreulicher, dass wir dieses Jahr zahlreiche spannende Beiträge aus Nigeria bekommen haben. Nollywood ist die drittgrößte Filmindustrie der Welt, und auch wenn über die Qualität gerne gestritten wird – da sind kraftvolle Geschichten, große Emotionen und bemerkenswerte Filme dabei. Daraus haben wir die Sektion Neues aus Nollywood kuratiert.

**Was macht das Profil der Independent Days für Sie aus?**

Wir bieten einen Ort für Filme, die sonst wenig Sichtbarkeit erhalten – ob wegen fehlender Budgets, ungewöhnlicher Ästhetik oder thematischer Brisanz. Unsere Genrevielfalt ist bewusst gewählt: Von Animationsprogrammen über investigative Dokus bis zu Experimentelleren Kurzfilmen und Low-Budget-Langfilmen. Immer mit dem Ziel, neue Impulse zu geben – ob technisch, narrativ oder gesellschaftlich.

**Wie hat sich das Festival seit 1998 entwickelt?**

Gestartet sind wir als studentisches Projekt am Kulturzentrum der Universität Karlsruhe – das heutige [KIT](/company/kit-institut-fuer-geographie-und-geooekologie-ii). Damals war klar: Es gibt zu viele Filme, die bei großen Festivals keine Plattform finden. Also haben wir gesagt: Wir machen ein Festival für die, die sonst durchs Raster fallen. Das Publikum war von Anfang an da – mit ausverkauften Sälen.

2006 sind wir in die Schauburg gezogen – ein wunderschönes Traditionskino, das in vier Jahren 100 wird. Das hat uns nicht nur technisch, sondern auch atmosphärisch enorm weitergebracht. Heute gehören wir zu den relevanten Independent-Festivals im deutschsprachigen Raum, mit starkem Profil, wachsender Vernetzung und einem immer internationaleren Programm.

Dr. Oliver Langewitz: „Wir wollen den Dialog ermöglichen – und Sorgen ernst nehmen“