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Blickpunkt:Film: Worin sehen Sie die wesentlichen Herausforderungen während Ihrer Amtszeit als ARD-Vorsitzender?

Jobst Plog: Wir stehen vor einer Reihe grundlegender Weichenstellungen. Das betrifft neben der künftigen Verbreitung unserer Programme auch die Art und Weise, wie wir sie produzieren. Nach der Digitalisierung des Radios bereiten wir jetzt die Digitalisierung des Fernsehens vor. Eine andere wichtige Frage ist die Sicherung der finanziellen Grundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Gebühr ist schon seit zwei Jahren stabil und wird es zwei weitere Jahre lang sein. Die Kosten allerdings steigen, übrigens nicht nur bei uns. Eine Anpassung der Rundfunkgebühr werden wir mit Blick auf das wirtschaftliche Umfeld nur mit Augenmaß erreichen können.

BF: Welche Konsequenzen zieht die ARD aus der schwachen Konjunktur bzw. dem Rückgang der Werbeeinnahmen?

JP: Eine Konsequenz ist zum Beispiel, dass wir neue Projekte - gleich welcher Art - derzeit nicht anschieben. Bereits im vergangenen Jahr hat die ARD verschiedene Aufgaben einer Überprüfung unterzogen. Kürzungen gab es u.a. in den Bereichen Online, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit.

BF: Wo wird im Programm der Rotstift angesetzt?

JP: Das Programm ist unser Auftrag und deshalb die letzte Stelle, an der wir kürzen. Im vergangenen Jahr mussten wir aber aufgrund der Werbeeinbrüche speziell bei den Vorabendserien die Budgets reduzieren.

BF: Profitiert die ARD im Programmbereich auch von den finanziellen Problemen der privaten Konkurrenz?

JP: Profitieren ist das falsche Wort - die ARD muss wegen der Werbeflaute ebenfalls finanzielle Einbußen verkraften. Media Control hat gerade eine Erhebung über die Entwicklung der Brutto-Werbeerlöse 2002 veröffentlicht. Danach hatte [RTL](/company/rtl-television) im letzten Jahr gerade mal einen Rückgang von 1,09 Prozent zu verzeichnen. [SAT.1](/company/sat1-satellitenfernsehen) hatte ein Minus von 3,14 Prozent, [ProSieben](/company/prosieben-television) minus 4,86 Prozent. Bei der ARD mit 16,77 und beim [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen) mit 21,66 Prozent waren die Brutto-Werbeeinbrüche prozentual deutlich höher. Die finanziellen Probleme der kommerziellen Konkurrenz lassen uns keineswegs gleichgültig. Dennoch markiert der Zusammenbruch des [Kirch](/person/dr-leo-kirch)-Imperiums das Ende einer Ära, in der vor allem bei Film- und Sportrechten ganz unsinnig an der Preisschraube gedreht worden ist. Kirch hat häufig genug gegen jede ökonomische Vernunft Mondpreise gezahlt. Jetzt zeichnet sich eine Normalisierung des Marktes ab, von der alle Sender profitieren.

BF: Wie wichtig ist für die ARD der Erhalt des dualen Systems?

JP: Wir bekennen uns zum dualen System, haben uns in den vergangenen Jahren verändert und sind deutlich näher an unseren Zuschauern und Hörern. Diese Entwicklung wäre ohne die bestehende Konkurrenzsituation so nicht eingetreten. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass das duale System durch die aktuelle Werbekrise in seinem Bestand gefährdet ist. Sicherlich haben ARD und ZDF durch die Gebühren stabilere Einnahmen, aber diese Stabilität wirkt in beide Richtungen: An den Boomjahren der Privaten hatten wir keine Teilhabe.

BF: Waren die hohen Kosten für die Fußball-WM 2002 in der Nachbetrachtung gerechtfertigt?

JP: Die WM 2002 war bei ARD und ZDF ein Publikumsmagnet. Vor allem hat sich die Entscheidung als richtig erwiesen, konsequent auf Live-Übertragungen zu setzen. Sicher hatten wir auch die nötige Portion Glück: Dass Deutschland Vize-Weltmeister werden würde, war nicht unbedingt vorherzusehen.

BF: Ist der Erwerb der Fußball-Bundesliga-Erstrechte definitiv vom Tisch?

JP: Die ARD hat eine klare Prioritätenliste, auf der die Spiele der Nationalelf ganz oben stehen. Einen Teil haben wir schon geschafft mit dem im Dezember mit dem DFB geschlossenen Länderspiel-Vertrag. Zusammen mit dem ZDF möchten wir nun die Rechte an der WM 2006 erwerben. Damit gelangen wir an die Grenzen unserer finanziellen Möglichkeiten: Auch wenn jeder die Liga gern hätte - für alles reicht unser Sportrechte-Etat einfach nicht.

BF: Können Sie die Kritik am Umfang der Angebote der ARD nachvollziehen?

JP: Nein. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung eindeutig und kontinuierlich darauf hingewiesen, dass die Grundversorgung durch öffentlich-rechtlichen Sender überhaupt erst die Voraussetzung für die Existenz der Kommerziellen ist. Unser Auftrag erstreckt sich auf Information, Kultur, Unterhaltung und Bildung. Das Ziel der kommerziellen Sender ist es, Gewinn zu machen. Das ist in Ordnung, solange die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unangetastet bleibt.

BF: Sehen Sie die ARD für die digitale Zukunft gut aufgestellt?

JP: Wir sind dabei, uns aufzustellen und Erfahrungen zu sammeln. Bei ARD-aktuell in Hamburg ist ein Pilotprojekt digitaler Newsdesk angelaufen. Wir testen dort, wie sich Nachrichtensendungen digital produzieren lassen, was im Radio und übrigens auch bei einer Reihe von Fernsehsendern bereits Praxis ist. Wie sich die digitalen Verbreitungswege entwickeln, wird man sehen. Klar ist, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kanäle wachsen wird und damit auch die Konkurrenz. Auch darauf werden wir uns zu gegebener Zeit einstellen. In der kommenden Gebührenperiode stehen die Zeichen jedenfalls nicht auf Expansion: Wir werden keine Mittel für zusätzliche Kanäle beantragen.

BF: Zeichnet sich ein Kompromiss im Hinblick auf die Steuernachforderungen, die möglicherweise auf die ARD zukommen, ab?

JP: Mit den Ländern war ein solcher Kompromiss ja bereits gefunden, mit dem Bundesfinanzminister scheint er nicht zu gelingen. Wenn Nachforderungsbescheide bei uns eingehen, werden wir sie gerichtlich überprüfen lassen. Wir würden uns und den Finanzbehörden diesen langwierigen Weg gern ersparen und waren in den Gesprächen mit den Finanzbehörden deshalb überaus kooperativ. Aber wenn es sein muss, kämpfen wir für unser Recht.

Jobst Plog wieder ARD-Vorsitzender: "Bekennen uns zum dualen System"