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Entertainment Markt: Wie hat sich der Markt für Musikvideos in letzter Zeit entwickelt?

Alexander Welzhofer: Es ist erfreulich festzustellen, dass der Träger DVD für den Musikbereich sehr stark an Bedeutung gewinnt. Musik auf VHS konnte in den letzten Jahren immer nur einen Marktanteil zwischen drei und vier Prozent erzielen. Die jüngsten GfK-Daten belegen, dass Musik auf DVD-Video seit dem 1. Quartal 1999 von einem Marktanteil von 4,9 auf derzeit 6,5 Prozent angewachsen ist - eine Tendenz, die sich in unseren Umsätzen widerspiegelt und auch allgemein von Handelsseite bestätigt wird. Bedauerlicherweise geht der Handel teilweise jedoch dazu über, dem Träger VHS vorzeitig den Todesstoß zu verpassen, indem er über Gebühr VHS-Fläche für DVD freimacht. Eine namhafte Handelskette, die sich stark für den DVD-Markt engagiert, stellte nach hauseigenen Analysen fest, dass sich nur 40 Prozent ihres Gesamtsortiments von mehr als 1500 DVD-Titeln in einem Zeitraum von sechs Monaten in allen Filialen mehr als einmal verkauft haben. Das ist in meinen Augen ein deutlicher Indikator dafür, dass der Kunde auf Qualität und Inhalt achtet. Bereits in diesem neuen Markt ist die Diskrepanz zwischen Topsellern wie "[Matrix](/movie/matrix)" mit mehr als 300.000 verkauften DVDs und einem Slowmover mit circa 1000 verkauften Stück eklatant groß. Erfreulich für das Marktsegment Musik- DVD-Video ist ein breiter gestreuteres Interesse, da die Verhältnismäßigkeiten eher zwischen 1:10 und nicht, wie bei Spielfilmen, bei 1:300 liegen. Unsere bestverkauften Musik-DVD-Videos liegen bei über 20.000 Stück, unsere schwächste bei knapp 2000.

EM: Wie sind Sie mit dem Engagement und der Darstellung von Handelsseite bei Musik und Special Interest zufrieden?

Welzhofer: Das größte Manko ist derzeit, dass der Handel nicht ausreichend segmentiert. Die unglücklichste Form ist die ausschließliche Einteilung nach Alphabet. Teilweise teilen Händler ihr Sortiment nach Genre ein, und wir finden darin auch einen Bereich für Musik, der in den meisten Fällen leider keine weiteren Orientierungshilfe wie Pop, Rock etc. bietet. Aber das wird sich hier hoffentlich mit der steigenden Zahl von DVD-Titeln ändern.

EM: Wohin entwickelt sich das Musikgeschäft auf DVD? Wird größtenteils ein Katalog vermarktet, der bereits auf CD existiert und nun auf DVD erscheint? Oder ist es irgendwann ein Neuheitengeschäft parallel zur neuen CD?

Welzhofer: Da die Nachfrage bei einem sich so schnell entwickelnden Medium sehr hoch ist, greift man selbstverständlich zunächst auf den bereits bestehenden Katalog zurück. Wobei deutlich zu erkennen ist, dass die technischen Möglichkeiten, die die DVD bietet, mehr und mehr bei Neuproduktionen Berücksichtigung finden. D. h., bei Musik- und Filmproduktionen gewinnen Kameraeinstellungen und getrennte Tonspuren sowie Zusatzmaterial eine neue und größere Bedeutung. Ein gutes Beispiel ist unsere DVD "[Metallica S&M](/movie/metallica-and-san-francisco-symphony-sundm)", die diese Möglichkeiten hervorragend ausschöpft. Unsere Abverkaufszahlen bestätigen, dass dies auch von den Fans honoriert wird.

EM: Kann man ein DVD-Produkt aus technischer Sicht überhaupt als New Release zur CD auf den Markt bringen, das entsprechend ausgestattet und abgestimmt ist?

Welzhofer: Ja, aus technischer Sicht allemal. Inhaltlich können wir mit den Datenträgern DVD-Video und VHS, bei denen visuelle Inhalte eine dem Audioanteil gleichbedeutende Gewichtung haben, dem vielfältigen Repertoire eines "neuen" Künstlers nicht zeitlich gerecht werden. In der Musikindustrie wird der Erfolg eines neuen Künstlers in der Regel durch einen Singlehit bestimmt. Zu Promotion- und Marketingzwecken werden hierfür oftmals überaus teure Videoclips erstellt, um den Künstler noch bekannter zu machen. Nach einer erfolgreichen Singlevermarktung erfolgt dann oft in relativ kurzer Zeit die Albumvermarktung. Da es jedoch bei neuen Künstlern zu ihren Musikstücken nicht ausreichend adäquates Bildmaterial gibt, wird ein reines Audioformat immer zeitlichen Vorteil haben. Mit DVD-Video/VHS wenden wir uns an Zielgruppen, die sich zu 100 Prozent einer binären Erlebniswelt (Augen & Ohren) widmen möchten. D. h. nicht Bügeln, Joggen oder Autofahren und dabei Musikhören, sondern das Erleben des ganzheitlichen Events.

EM: Warner Vision hat mit "Music" von Madonna die erste DVD-Single auf den Markt gebracht. War dies ein einmaliger Versuch oder sind weitere in Planung?

Welzhofer: Persönlich glaube ich, es wäre eine hervorragende Idee, die aufgebrachten Investitionen - sprich: die nicht unerheblichen Kosten für Videoclipproduktionen -, die den Musiksendern für Promotionzwecke kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, auch zu kommerzialisieren. Interessant war im Falle von Madonna, dass die Künstlerin selbst großen Wert darauf gelegt hat, dass die DVD-Video-Single von "Music" zeitgleich zur Audiosingle veröffentlicht wird. Daraus abzuleiten, dass wir künftig häufiger DVD-Video-Singles auf den Markt bringen, wäre verfrüht. Sicherlich ist auch die Verbraucherakzeptanz für uns ein erstes Indiz, wie wir uns ünftig verhalten werden. Wir hatten gute Reinverkäufe, aber bei weitem nicht so gute Durchverkäufe wie unsere Kollegen in England. Dort wurden allein in der ersten Woche von 14.000 geshipten Stück bereits 10.000 abverkauft. Hierzulande haben wir circa 8000 im Handel platziert, wovon in der ersten Woche nur knapp zehn Prozent durchverkauft waren.

EM: Wurde seitens des Handels etwas für die DVD-Single getan?

Welzhofer: Leider nicht. Die Kreativität, Tonträger und Bildtonträger zu promoten, scheint in Deutschland sichtlich eingeschränkt. Unser Handel sieht seine größte Chance im Preismarketing. Motto: "Wir kreieren schöne Lockangebote und schaffen dadurch Kundenfrequenz."

EM: Mit wem spricht man im Handel über Musik-DVDs?

Welzhofer: Man spricht zu 80 Prozent mit den für VHS verantwortlichen Einkäufern, die fast in allen Outlets auch die Einkaufsverantwortung für DVD-Video übertragen bekommen haben. Über die Platzierung entscheidet der Handel individuell gemäß seinen Strukturen. Heute finden wir Musik- DVD-Videos aber vorwiegend in der Video- und nicht in der Tonträgerabteilung. Ich glaube aber, dass diese Abteilungen mittelfristig immer mehr zusammenwachsen werden.

EM: Der Klassikbereich ist ein spezieller Markt und wird vomHandel mit sehr unterschiedlicher Intensität gepflegt. Wie schätzen Sie die Marktchancen für den DVD-Klassikbereich ein?

Welzhofer: Die Orientierungshilfen für den interessierten Klassikkäufer sind teilweise noch desolater als im DVD-Musikbereich allgemein. Klassik-DVDs sind oftmals wahllos ins DVD-Sortiment eingegliedert. Der Klassikkäufer hat einen sehr hohen Qualitätsanspruch und in der Regel zu Hause eine hervorragende technische Ausstattung. VHS wird dem Spektrum der klassischen Musik nicht ausreichend gerecht. DVD ist hingegen ein optimaler Träger auch für klassische Inhalte. Von Klassikneuveröffentlichungen auf DVD verkaufen wir bereits heute zehnmal mehr als auf VHS.

EM: Was lässt sich mit anderen Special-Interest-Bereichen auf DVD inzwischen umsetzen?

Welzhofer: Bei Special Interest und Kinderprogrammen steht VHS sicher noch im Vordergrund. In erster Linie steht DVD heute noch für Heimkino, d. h., Spielfilm hat eindeutig den größten Anteil am Genrekuchen, gefolgt von Musik. Je mehr sich aber die DVD-Abspielmöglichkeiten verbreiten, desto stärker werden auch die anderen Genres an Bedeutung gewinnen. Die Abverkäufe unserer DVD- Special-Interest-Veröffentlichungen sind noch moderat, und unsere Vorkosten sicherlich noch nicht eingespielt. Ich bin aber zuversichtlich, dass unsere Absätze auch in diesem Segment kontinuierlich steigen werden.

EM: Sie haben im letzten Weihnachtsgeschäft mit "Rudolph mit der roten Nase" einen großen Überraschungserfolg eingefahren. Wie kam der zustande?

Welzhofer: Für den Erfolg kommen viele Faktoren zusammen. Die Abstimmung zwischen Intertainment, Unicef, TipTopToys und uns lief perfekt Hand in Hand. Es ist uns gelungen, was sonst schwierig ist, wenn Lizenzen an verschiedene Lizenznehmer vergeben sind, nämlich, gleich im ersten Jahr der Vermarktung eine "Rudolph"-Erlebniswelt aufzubauen und ihn als Marke zu positionieren. Obwohl unsere Einschätzungen für '99 von einigen Handelspartnern zu Beginn eher belächelt wurden, hat auch der Handel maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen. Die Tatsache, dass es '99 kein vergleichbares Winterthema gab, war den "Rudolph"-Absätzen ebenfalls zuträglich. Schließlich hat Intertainment den Mut bewiesen, die Vermarktung mit einem hohen, zielgerichteten Werbebudget auszustatten. Zu guter Letzt kam sicher das Quäntchen Glück dazu.

EM: Das hat zur Folge, dass einige Mitbewerber in diesem Herbst ebenfalls versuchen, Themenwelten zu schaffen. Was soll konkret mit "Rudolph" passieren?

Welzhofer: In diesem Jahr wird die "Rudolph"-Erlebniswelt noch größer, mit cica 90 verschiedenen "Rudolph"-Produkten werden wir im Handel präsent sein. Ein absolutes Novum für den Handel wird eine "Rudolph"-Weihnachtswerkstatt sein, die als eigenständiges Ladensystem in größere Outlets integriert wird. Solch einen konzentrierten Markenauftritt gab es bisher noch nicht. Von diesen Weihnachtswerkstätten werden wir circa 50 Einheiten platzieren. Darüber hinaus haben wir für jenige Handelspartner, welche uns '99 besonders unterstützt haben, "Rudolph"-Produkte in Form von exklusiven Produktkonfigurationen erstellt. Es wird z. B. ein Windowcolour-Set mit Video geben, ein Memoryspiel mit Video, ein Plätzchenset mit Video u. v. m. Zusammen mit dem erfolgreichen Kinderliedermacher Detlev Jöcker, der den weltbekannten "Rudolph-Song" neu interpretiert hat, wurde ein aufwendiges Sing-mit-Video produziert, das wir erstmalig vermarkten. Für die Schweiz wurde eine Mundartversion zu "Rudolph" produziert, die die diesjährigen Schweizer Absätze in die Höhe treiben wird. Der gesamte Wer-be- und Promotionaufwand wird mit unserem Werbeauftritt im letzten Jahr vergleichbar, in Teilbereichen noch größer sein. Der Forderung nach einer Preissenkung kommen wir nicht nach; wir bleiben unserer Markenphilosophie treu. Der Film wird immer ein saisonales Thema bleiben, der Charakter "Rudolph" an sich und die Unicef-Aktion "Kids for Kids" hingegen werden den kontinuierlichen Ausbau der Marke "Rudolph" ganzjährig unterstützen. Bereits im Juni/Juli konnten die "Rudolph Kids Days", die in Zusammenarbeit mit der Deutschen Post, Intertainment, dem Weltbild Verlag und vier verschiedenen Themenparks durchgeführt wurden, einen riesigen Erfolg feiern.

EM: Sind filminhaltlich weitere Folgen in Planung?

Welzhofer: Ja, "Rudolph 2" ist bereits in Produktion.

EM: Wie verteilen sich bei WVG die Umsatzanteile für DVD/ VHS?

Welzhofer: "Rudolph" ausgenommen, werden unsere Anteile dieses Jahr bei fast 50:50 liegen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Im Gespräch: Alexander Welzhofer, GF Warner Vision