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DVD&VideoMarkt: "[Die Band, die sie Pferd nannten](/movie/die-aerzte-die-band-die-sie-pferd-nannten)" - ein ungewöhnlicher Titel. Wie kam's?

Bela B.: Es ist kein Geheimnis, dass Musiker sich öfter unter Pseudonym in Hotels einbuchen, damit sie nachts in Ruhe schlafen können. Eins meiner Pseudonyme war mal "Der Mann, den sie Pferd nannten". Daraus wurde "Die Band, die sie Pferd nannten".

D&V: Man kann das Konzert aus der Jungen- und der Mädchenperspektive ansehen. Was steckt hinter dem Konzept?

Bela B.: Noch ein Schritt hin zum Nachempfinden eines Ärzte-Konzerts. Zum Beispiel steht man als kleineres Mädchen hinter breitschultrigen Feierjungs und muss sich durchdrängeln, weil man sonst nichts sieht. Natürlich wirst du von allen angelächelt. Aus der Perspektive eines Jungen geht es schon mit weniger Lächeln zu. Abgesehen vom Schweißgeruch kannst du so ein Ärzte-Konzert hautnah erleben.

D&V: Gibt es noch mehr Features?

Bela B.: Die Doppel-DVD enthält zunächst 44 Songs - ein Konzert, aus zwei zusammengeschnitten. Hinzu kommen Bonustracks, Audiokommentare, bei einigen Stücken eine Multiangle-Funktion. Alles in allem sechs Stunden Spielzeit.

D&V: Warum habt ihr das Material ausgerechnet in Oberhausen aufgenommen?

Bela B.: Technische Gründe. Wir spielten zwei Tage hintereinander in derselben Halle, mussten die Technik so nur einmal aufbauen, konnten aber zwei Konzerte aufnehmen. Oft passieren Pannen, so konnten wir das zusammenschneiden. Ich feierte nach dem ersten Gig in meinen Geburtstag am 14. Dezember 2003 hinein. Man könnte sich nun den Spaß machen herauszufinden, bei welchen Songs ich Herr meiner Sinne und bei welchen ich partygeschädigt war.

D&V: Wann entstand die Idee, ein komplettes Konzert auf DVD zu veröffentlichen?

Bela B.: Anfang 2003. Bislang gibt es nur aus den achtziger Jahren einen Konzertmitschnitt auf VHS - mit den damaligen technischen Möglichkeiten. Die Ärzte sind in allererster Linie eine Liveband. Unsere Konzerte sind legendär, manchmal sind sie ein Jahr zuvor schon ausverkauft. Deshalb wollten wir das mal dokumentieren. Es passte einfach.

D&V: Wonach wählt ihr die Songs für ein Konzert aus?

Bela B.: Auf dieser Tour haben wir drei Sets, die wir immer mal wieder wechseln. Zwischendurch spielen wir auch spontan. Die Zugaben sind abhängig von der Stimmung des Publikums. Bevor wir auf Tour gehen, schauen wir, welche der neuen Songs sich eignen. Erfahrungsgemäß will das Publikum zunächst lieber unsere alten Hits hören. Um fünf bis maximal sieben Songs vom aktuellen Album herum packen wir dann die anderen Sachen. Es gibt auch Stücke, die wir spielen müssen. "Zu spät" ist traditionell unser letzter Song. Wir denken uns eine Art Dramaturgie aus. Bei den ersten Konzerten einer Tour merken wir dann, wo das Programm noch ein wenig hakt.

D&V: Gibt es den besten Song der "besten Band der Welt"?

Bela B.: In unser Heimat Berlin gab es eine Umfrage von einem Magazin und einem Radiosender. Etwa 10.000 Leute beteiligten sich. Als bester Song, und meiner Meinung nach einer der wichtigsten, wurde "Schrei nach Liebe" gewählt. Aufgrund der Wirkung, den dieser 1993 hatte, gerechtfertigt. Es war unser Comeback, das richtige Stück zur richtigen Zeit. Definitiv eins der unpeinlichsten Anti-Nazi-Lieder, die je geschrieben wurden.

D&V: Wie wählt ihr eure Support-Acts aus?

Bela B.: Das sind Bands, die wir selbst hören und mögen, aber sie müssen auch zu uns passen.

D&V: Im Juni habt ihr ein paar Mal mit Village People gespielt.

Bela B.: Bei dieser Idee haben wir alle Tränen gelacht, und bis sie tatsächlich auf der Bühne standen, nicht wirklich daran geglaubt. Definitiv eine sehr ärztige Sache.

D&V: Wie erholst du dich vom Stress zwischen den Konzerten?

Bela B.: Inzwischen hat sich das mit dem Alkohol und den Drogen etwas relativiert. Sonst wäre ich wohl nicht 40 geworden. Stattdessen laufe ich jetzt sehr viel.

D&V: Gibt es auf den DVDs so genannte Estereggs?

Bela B.: Ja, aber die werde ich nicht verraten.

D&V: Was fasziniert dich besonders am Medium DVD?

Bela B.: Zwar geht kaum etwas über das Kinoerlebnis hinaus, doch ich bin ein großer DVD-Fan. Zum einen kann man den Zeitpunkt des Filmschauens selbst bestimmen. Zum anderen bieten gut gemachte DVDs viele interessante Dinge um einen Film herum. Eine der besten Erfindungen der letzten Jahre.

D&V: Was denkst du über das Raubkopieren?

Bela B.: Nicht toll. Man steckt viel Arbeit und Anstrengung hinein, um etwas zu produzieren. Auf der anderen Seite wird viel Schlechtes gemacht - weniger bei DVDs als bei Tonträgern allgemein -, nur um zum Beispiel beim Weihnachtsgeschäft mit dabei zu sein. Da kann ich schon verstehen, dass sich die Kunden nicht ernst genommen fühlen und das Material einfach brennen. Aber ich will das wirklich nicht verteidigen. Für die Künstler und alle Beteiligten ist es wie ein Schlag ins Gesicht.

D&V: Gibt es noch Musiker mit denen du gern auf der Bühne stehen möchtest?

Bela B.: Ich hatte das Glück, dass ich schon vielen coolen Leuten begegnet bin. Und das Pech, dass wir erst einmal auf einem Festival mit Iggy Pop gespielt haben und ich während seines Konzerts im Krankenhaus untersucht wurde. Es wäre nicht schlecht, wenn ich mal für Iggy Pop trommeln könnte.

D&V: Welche Erlebnisse blieben dir besonders im Gedächtnis?

Bela B.: Immer wieder überraschend ist Lemmy von Motörhead - immer wieder kann er sich nicht mehr an mich erinnern. Die ganze Band ist wirklich nett. Kiss waren sehr kollegial. Doch wir haben schon mit US-Bands gespielt, mit denen es unangenehm war. Man kann auch einfach auf Tour gehen und das entspannt sehen, nicht wahr Marilyn Manson? Dafür waren die Red Hot Chilli Peppers sehr cool.

D&V: Was folgt nach der Tour? Schon konkrete Pläne?

Bela B.: Etwas Schauspielerei. Dazwischen ist hoffentlich Zeit zum Motorrad fahren und Urlaub machen. Im November startet unsere erste Südamerikatour.

D&V: Letzte Worte?

Bela B.: Wir sind die beste Band der Welt. Und jeder, der damit nicht klarkommt, soll uns das Gegenteil beweisen.

Bela B. von Die Ärzte über DVDs und Raubkopieren