Blickpunkt:Film

Verleih

VideoWoche: Die movie plus-Zentrale hat in den vergangenen Monaten ihren Service optimiert. Können Sie uns Genaueres dazu sagen?

Patrick Knödler: Wir können im achten Jahr unseres Bestehens auf ein turbulentes und sehr positives Jahr 2001 zurückblicken: Wir haben nach diversen Softwareumstellungen intern und extern bei unseren Handelspartnern ein komplett integriertes System installieren können, das uns die Möglichkeit gibt, Vorgänge von der Disposition über die Kontrolle der Auslieferungen bis hin zur Überwachung der zentralen Faktura für unsere Partner abzuwickeln. Anders wäre der bewährte Service mit weiter gestiegener Partnerzahl nicht mehr möglich gewesen. So bleibt uns mit weiter aufgestocktem Mitarbeiterstamm mehr Zeit für den eigentlichen Service, für die Betreuung der Partner und die Umsetzung von Konzepten. Weiterhin ist es uns so auch möglich, noch neue Partner zu betreuen, was ohne neue Software nicht realisierbar gewesen wäre.

VW: "Umsetzung von Konzepten": Können Sie das konkretisieren?

PK: Die Umsetzung von Konzepten fängt bei uns im Einkauf für Kopientiefe in den Geschäften an und hört bei Erstbestückungen für neue Ladengeschäfte auf. Will heißen: Einerseits arbeiten wir sehr engagiert mit der [emp](/company/emp-entertainment-medien-partner) immer wieder an verschiedenen Möglichkeiten mit verbessertem Marketing wie Poster, Werbung, Sonderaktionen, um die Verleihumsätze zu verbessern und professionelles Arbeiten in den Geschäften der Partner zu erleichtern. Dazu gehören Inkassodienste, Geschäftsversicherungen und in Zusammenarbeit mit der [MMP](/company/multi-media-partner-mmp) beispielsweise Dinge wie Verkaufsdisplays für FSK 18-Titel auf VHS unter der Überschrift "Keine halben Sachen", die jetzt mit DVD fortgesetzt werden sollen. Andererseits sind das teilweise individuelle Konzepte und Fragestellungen von Partnern, die wir mit diesen so kreativ wie möglich umzusetzen versuchen.

VW: movie plus kooperiert seit längerer Zeit mit den Handelsgruppen MMP und emp. Inwieweit hat sich dieser Verbund für movie plus als vorteilhaft erwiesen, und was erwarten Sie davon für die Zukunft?

PK: Unsere enge und sehr produktive Zusammenarbeit mit der emp in Hamburg und der MMP in Köln konnten wir durch die Zusammenlegung unseres zentralen Gamesversands in Hamburg - der für die MMP und unsere Partner bisher komplett von Freiburg abgewickelt wurde - weiter intensivieren.
Wir wollen 2002 auch im Bereich Marketing noch enger mit der emp zusammenarbeiten. Innerhalb der emp sind wir mit Konzepten befasst, die bessere, zusätzliche und zentrale Marketingaktionen für alle angeschlossenen Partner möglich machen. Wir hoffen weiterhin, dass wir durch die Zusammenführung unseres zentralen Versands mit der emp ein Konzept umsetzen können, bei dem Verkauf mit zentraler Distribution von DVDs in einem Großteil der 1200 Geschäfte flächendeckend möglich wird. Hierbei sind allerdings nicht nur wir, sondern auch die Anbieter gefordert.

VW: Wie viele Videotheken sind in die movie plus derzeit integriert?

PK: Derzeit betreuen wir circa 200 Lieferadressen.

VW: Wie verteilen sich die Umsätze in movie plus-Outlets auf die verschiedenen Sortimente?

PK: Der Verleih von Spielfilmen auf VHS macht 40 Prozent aus, mit DVD-Leihtiteln werden 35 Prozent des Umsatzes erzielt. Der Gamesverleih schlägt mit 4,5 Prozent zu Buche, der Hardcorebereich (VHS und DVD) mit 18,5 Prozent, und auf den Rest entfallen zwei Prozent.

VW: Wie beurteilen Sie den Geschäftsverlauf für das Jahr 2001?

"Überproportionale DVD-Nachfrage"

PK: Insgesamt zeigen sich unsere Handelspartner mit der Umsatzentwicklung im Jahr 2001 zufrieden. Das VHS-Verleihgeschäft (Spielfilm) stagnierte etwas, während zusammen mit DVD fast überall ein Wachstum realisiert werden konnte. Unsere Partner haben sich alle im enorm wachsenden Segment DVD-Verleih und auch vermehrt im DVD-Verkauf engagiert gezeigt. Besonders in den Monaten vor und auch über den Jahreswechsel konnten wir flächendeckend einen weiteren überproportionalen Anstieg der Nachfrage für DVDs feststellen.

VW: Die Währungsumstellung von Mark auf Euro ist in der Branche, so weit bekannt, reibungslos verlaufen. In diesem Zusammenhang die Frage: Haben Sie Erfahrungswerte, welche neuen Euro-Preise Ihre Kollegen verlangen?

PK: So weit wir feststellen konnten, lief die Euro-Umstellung in den meisten uns angeschlossenen Videotheken glatt ab und war professionell vorbereitet. Es wurde allerdings fast überall wesentlich weniger Euro-Wechselgeld benötigt, als erwartet. So weit wir das aus Stichproben beurteilen können, sind die Preise im Durchschnitt eher nach oben angepasst worden, wobei Vermietpreise für VHS und DVD teilweise getrennt angepasst wurden.

VW: Welchen Stellenwert messen Sie inzwischen dem DVD-Verleih bei?

PK: Für das Jahr 2002 erwarten wir ein weiteres starkes Ansteigen des DVD-Verleihs und auch des Verkaufs. Mit jetzt schon 20 bis 40 Prozent Umsatzanteil hat die DVD bei uns natürlich einen enorm hohen Stellenwert und ist aus keinem Geschäft mehr wegzudenken. Den Verleih von VHS sehen wir aber keinesfalls als schon gestorben an. Wir hoffen aber, dass die Anbieter hier nicht durch falsche Signale Unsicherheiten schüren und somit die Umsetzung von kreativen Konzepten - mit denen wir dem geänderten Leihverhalten von Endverbrauchern Rechnung tragen müssen - erschweren. Diese müssen umgesetzt werden, um den gesamten Rentalmarkt für beide Seiten weiterhin profitabel und interessant zu gestalten.

VW: Generiert der DVD-Verleih Neukunden?

PK: Durch zunehmende Professionalisierung und wachsende Kopientiefe bei DVD sind wir auf dem Weg, bei uns lange nicht mehr gesehene Kundenkreise zu erschließen. Das hilft, das in Deutschland im Vergleich zu europäischen und internationalen Märkten schlechte durchschnittliche Verleihverhalten von circa neun Verleihvorgängen pro Person und Jahr zu verbessern und damit den gesamt Verleihmarkt zu vergrößern.

VW: Spielt der DVD-Gebrauchtverkauf bereits eine Rolle in movie plus-Outlets?

PK: Im Gegensatz zum VHS-Gebrauchtverkauf ist der DVD-Gebrauchtverkauf ein sehr schönes Geschäft. Vor allem unter dem Aspekt, dass hier dem Kunden teilweise schon vor oder zum Kaufstart des Produkts sehr attraktive (Kampf-)Preise angeboten werden können.

VW: Wie ist Ihre Position bezüglich der viel diskutierten Auswertungsfensterproblematik für Leih-DVDs?

PK: Um den Rentalmarkt hier nicht kurzfristig zu "verbrennen", halten wir eine klare Fensterpolitik für sehr wichtig. Vollkommen am Ziel vorbei wird hier mit Fenstern gearbeitet, die gar keine sind, weil beispielsweise DVDs zum Kaufen immer zum Rentalstart zu erhalten sind, während mit teurem Rentalfenster ausgestatte VHS-Titel ausgeliefert werden. Es eignen sich unserer Meinung nicht alle veröffentlichten Titel für eine Direktvermarktung. Wir hoffen deshalb nur, dass sich Anbieter durch die momentanen Verkaufserfolge von DVDs hier nicht kurzfristig zu falschen Entscheidungen hinreißen lassen. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang auch, wenn - wie in letzter Zeit wieder häufig geschehen - Flächenmärkte und andere Verkaufsstellen Kaufmedien trotz zeitgleicher Veröffentlichung vor den Verleihoutlets erhalten und diese dann auch, durch den Anbieter ungerügt, verkaufen. Das geschieht, obwohl sie diese als Frequenzbringer dann auch oftmals noch "verramschen" und somit die Wertigkeit des Mediums DVD gleich wieder senken.

VW: Einige Handelskollegen weisen darauf hin, dass der Verkauf von DVDs in Videotheken ausgebaut werden müsse. Welche Chancen hat der DVD-Verkauf Ihrer Meinung nach, beziehungsweise welche Bedeutung sollte er bekommen?

PK: Dieses Segment ist wahrscheinlich sehr wichtig, wenn wir uns weiter und zunehmend vom Image reiner Verleihoutlets für VHS abkehren wollen. Auch dient diese Professionalisierung dem Schutz von Verleihoutlets, da Anbieter hier bestimmt weniger bereit sind, gleichzeitig Teile ihres Vermiet- und Verkaufsumsatzes abzugeben. Wie oben schon erwähnt, kann der DVD-Verkauf meiner Ansicht nach aber nur funktionieren, wenn die Lagerhaltung zentral abgewickelt wird und sämtliche Vorhaltekosten so niedrig wie möglich liegen. Dazu gehören natürlich auch solche Aspekte wie Remissionsrecht etc.

VW: Industrievertreter beklagen, dass die Budgets für Leih-VHS zu schnell zugunsten von DVD umgeschichtet wurden, ohne dass das Gesamtbudget für den Spielfilmeinkauf erhöht wurde. Wird VHS bereits vernachlässigt?

PK: Hier ist zu berücksichtigen, dass sich VHS-Kassetten gebraucht nur noch sehr schlecht abverkaufen lassen, und dass sich Titel mitunter durch gekürzte oder nicht vorhandene Fenster sehr schnell refinanzieren müssen. So wird das Risiko, Filme nicht refinanzieren zu können, bei "floppenden" Titeln größer. Mit kreativen Konzepten, die finanzierbare Kopientiefe ermöglichen, wird die VHS sicherlich besser bestellt als ohne diese. Aus diesem Grund wird sicherlich Budget umgeschichtet, aber nur dort, wo sich zu teure VHS-Kassetten schlicht nicht refinanzieren lassen oder das Risiko einfach zu groß ist.

VW: Wie sehen Sie die Entwicklung des Segments Gamesverleih?

"Gamesverleih macht uns Sorgen"

PK: Das Segment Gamesverleih macht uns momentan ein bisschen Sorgen. Nicht weil in diesem Segment durch inzwischen überalterte und nicht am Markt wie geplant ankommende Konsolen Umsätze stagnieren, sondern durch die nicht klaren Aussagen zu Verleihrechten bei Erfolg versprechenden, neu auf den Markt kommenden Konsolen. Wir halten ein Verleihrecht für absolut notwendig, um beim Endkunden die langsam und mühsam gewonnene Anerkennung als Multimediageschäfte nicht wieder im Ansatz zu verlieren. Die Kunden erwarten einfach, dass dieses Produkt bei uns zum Mieten und Kaufen vorhanden ist. Wir sind hier für jede Art der - auch vertraglich gestalteten - Vermietung offen und hoffen, dass sich kurzfristig noch neue oder bewährte Konzepte mit den Anbietern umsetzen lassen.

VW: Wie schätzen Sie die Zukunft von Mediatheken hinsichtlich Video on Demand und anderer Konkurrenzmedien ein, bzw., was müssen Mediatheken zur Sicherung des Vermietmarkts leisten?

PK: Die Mediendistribution allgemein wird sich in den kommenden Jahren enorm verändern. Wir müssen sehr aufmerksam beobachten, was Mitanbieter, Konkurrenten und Studios in diesem Zusammenhang planen. Nicht alles, was möglich ist, wird der Endverbraucher auch annehmen. Aber er wird sich sicherlich in dem Moment in der Masse umorientieren, wenn diese Angebote ein vernünftiges Programm vorhalten, das einfach zu bedienen sowie billig und überall verfügbar ist. Wir sollten deshalb jede Gelegenheit ergreifen, um das Anbieten über unsere eigenen Plattformen möglich zu machen - wie zum Beispiel im Konzept von videotaxi.de schon verwirklicht. Für am wichtigsten in diesem Zusammenhang halte ich den Punkt, der die Anbieter enorm fordern wird: Sie müssen es schaffen, ihre in irgendeiner Form digital distribuierten Filme gegen Raubkopierer zu schützen. Ansonsten stecken wir bald in dem Dilemma, dass keiner die Filme mehr vernünftig auswerten kann.

Im Gespräch: Patrick Knödler, GF movie plus