Blickpunkt:Film

Verleih

Von Dr. Martin Diesbach (Kanzlei Nörr, Stiefenhofer, Lutz).


Auswirkungen des JuSchG

Das JuSchG führt nicht nur zu einer Vereinheitlichung des Jugendschutzrechts für Offlinemedien, indem z. B. das "Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit" (JÖSchG) und das "Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte" (GjSM) aufgehoben werden. Es bringt auch erhebliche Neuerungen mit sich, die für die Branche bedeutsam sind.


Regelungen der Freigaben

Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die bislang bekannten Freigabestufen (FSK 6, FSK 12, FSK 16) abzuändern, etwa durch eine Freigabemöglichkeit ab acht Jahren. Neu ist im Rahmen der Altersfreigabe allerdings, dass die bisherige Kennzeichnung "Nicht freigegeben unter 18 Jahren" der Kennzeichnung "Keine Jugendfreigabe" weicht (§ 14 Abs. 2 JuSchG). Der Gesetzgeber will hierdurch den bisherigen Eindruck vermeiden, dass mit der Kennzeichnung "Nicht freigegeben unter 18 Jahren" automatisch eine Freigabe für Erwachsene verbunden ist; vielmehr bleiben Indizierungen nach wie vor möglich. Eine Bewerbung der Angebote, die keine Jugendfreigabe erhalten haben (aber auch nicht indiziert sind), ist nach wie vor erlaubt.

Die Freigaberegelungen sind aber nicht auf Kinofilme beschränkt: Alle Kennzeichnungspflichten gelten auch z. B. für Videokassetten oder DVD. Hierbei sind nach § 14 Abs. 8 JuSchG auch Titel, Zusätze oder weitere Darstellungen zu berücksichtigen - das kann z. B. für Zusatzmaterial auf einer DVD oder Begleittexte auf einer CD-ROM von Bedeutung sein. Eine Liberalisierung erfährt die Abgabe z. B. von Videokassetten in Automaten. War dies früher absolut verboten (§ 7 Abs. 4 JÖSchG), sind solche Automaten neuerdings jedenfalls eingeschränkt zulässig, wenn der Zugang von Kindern und Jugendlichen durch "technische Vorkehrungen" für bestimmte Inhalte ausgeschlossen ist (§ 12 Abs. 4 JuSchG). Hier können sich neue Geschäftsfelder für Videotheken und Automatenindustrie entwickeln.


Neue Regeln für Indizierung

Der Rechtsrahmen für Indizierungen ist durch das JuSchG erheblich verkompliziert worden. Zuständig ist nach wie vor die Bundesprüfstelle, die jetzt "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" heißt (§ 17 Abs. 1 JuSchG). Sie führt nunmehr eine Liste in vier Teilen (Teil A - Teil D) sowohl für Träger- als auch für Telemedien. Die Teile A und B der Liste sind "öffentlich", d. h., Indizierungen werden im Bundesanzeiger bekannt gemacht (§ 24 Abs. 3 S. 1 JuSchG). Die Teile C und D hingegen sind "nicht-öffentlich", d. h., Indizierungen werden hier nicht bekannt gegeben. In Betracht kommen für diese Teile Telemedien (z. B. Internetangebote) oder online abrufbare Trägermedien. Grund für diese Zweiteilung ist, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Liste nicht mehr zu einem "Wegweiser" für jugendgefährdende Inhalte pervertieren sollte, denn trotz Indizierung blieben viele Onlineangebote weiterhin abrufbar.

Rechtsfolgen der Indizierung sind entweder ein absolutes Verbreitungsverbot (bei bestimmten strafbaren Inhalten, etwa bei Volksverhetzung) oder (für alle sonstigen indizierten Trägermedien) ein eingeschränktes Verbreitungsverbot. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden dürfen. Damit korrespondiert ein umfassendes Werbeverbot. Entscheidend für die Listenaufnahme ist die Jugendgefährdung (§ 28 Abs. 1 JuSchG); damit ist aber keine inhaltliche Änderung der bisherigen Prüfmaßstäbe verbunden.

Deindizierung

Von besonderer Bedeutung sind die Bestimmungen zur Deindizierung, also zur Listenstreichung, die bislang nicht gesetzlich geregelt war. Eine Deindizierung erfolgt automatisch nach 25 Jahren (§ 18 Abs. 7 S. 2 JuSchG). Daneben kommt eine Deindizierung in Betracht, "wenn die Voraussetzung für eine Aufnahme nicht mehr vorliegt", also die Jugendgefährdung entfallen ist (§ 18 Abs. 7 S. 1 JuSchG). Sofern Filme vor mehr als zehn Jahren indiziert wurden, erfolgt eine Listenstreichung in einem vereinfachten Verfahren (§ 23 Abs. 4 JuSchG).

Fazit

Das JuSchG bewirkt in seinem berechtigten Anliegen, die Jugend bei der Mediennutzung zu schützen, eine Vereinheitlichung für Offlinemedien. Hierdurch erfolgen für die Videobranche auch Erleichterungen, so etwa bei der Automatenabgabe und den klareren Bestimmungen zur Listenstreichung.

Zur Person

 Dr. Martin Diesbach ist Associate in der Kanzlei Nörr, Stiefenhofer, Lutz in München mit dem Schwerpunkt Rundfunkrecht sowie Film- und Fernsehrecht. Er hat in Passau, Freiburg und Toulouse/Frankreich studiert. 1999 und 2000 war Dr. Diesbach Referent der Landesmedienanstalt Baden-Würtemberg. Als Autor publizierte er in verschiednen Fachzeitschriften zu medienrechtlichen Themen.

Gastkommentar: Das neue Jugendschutzgesetz für die Videobranche