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Disneys Neuinterpretation des Prinzessinnen-Stoffs zeigt eine junge Revolutionärin im Clinch mit ihrer finsteren Widersacherin. 

Disneys erste Prinzessin, Schneewittchen, die 1937 das Leinwandlicht erblickte, ist weit mehr als nur eine Protagonistin unter vielen im Spielfilm-Katalog des Produktions-Giganten. „[Schneewittchen](/movie/disneys-snow-white)“ ist Studio-DNA pur. Das Zeichentrick-Musical in glorreichen Technicolor-Farben definierte bei seinem Erscheinen den Animationsfilm wie kaum ein anderer und prägte Generationen von jungen Besuchern und Kinomäusen. 2025 nun wagt Disney die Neuauflage seines Klassikers im Gewand eines Live-Action-Musicals, einer bombastischen Neuimagination des zauberhaften Urstoffs. Die Latte könnte für Regisseur [Marc Webb](/person/marc-webb) („The Amazing Spider-Man“, „The Amazing Spiderman 2: Rise Of Electro“, „500 Days of Summer") und das Produzenten-Gespann Marc Platt und Jared LeBoff kaum höher liegen: wie den klassischen Filmstoff um Schneewittchen und die sieben Zwerge ins Hier und Heute kriegen? 

Mit Multitalent [Rachel Zegler](/person/rachel-zegler) („The West Side Story“, „The Hunger Games: The Ballad of Songbirds & Snakes“) in der Hauptrolle fanden sie eine junge Ikone, die der berühmten Prinzessin eine zeitgemäße Gestalt verleiht. Wo das Original Schneewittchens sanftes Gemüt und ihre Beziehung zu den sieben Zwergen und liebenswerten Tieren betonte (samt hausfraulicher Kompetenz), fokussiert Disneys Neuinterpretation mehr auf den Konflikt des Märchens. Gal Gadot als herrlich maliziöse Hexe liebt es, Schneewittchen als Kontrahentin das Leben schwer zu machen. Die schöne wie rachsüchtige Herrscherin schurigelt auch allzu gerne ihre Untergebenen. Mit dem noblen Banditen Jonathan (Andrew Burnap) kennt sie besonders wenig Erbarmen. Schneewittchen hat ein Auge auf den verwegenen wie sympathischen Outlaw geworfen. Eine Änderung zum Original, hier war ein schöner Prinz noch das Objekt von Schneewittchens Zuneigung. 

Die Heldin in der 2025er-Version wirft dazu ein deutliches Schlaglicht auf die miesen politischen Führungskompetenzen der düsteren Königin, die selbstverliebt viel Zeit vor einem sprechenden Spiegel verbringt. Marc Platt und Disney reinterpretieren Schneewittchen so als Sozialrevolutionärin und Anführerin in spe. Die tapfere Heldin führt auf dem Höhepunkt ein zur Generalreform entschlossenes Volk gegen ihre Königin an. Vorher gilt es aber natürlich einen Bund mit den legendären sieben Zwergen zu schließen, die hier in knuffig-CGI-animierter Form erscheinen. Das mag nicht jedem Traditionalisten behagen, doch die Szenen im Zwergenhaus und im verwunschenen Wald haben dank der glänzenden Rachel Zegler ordentlich Schwung und die Musiknummern von Benj Pasek und Justin Paul Ohrwurmpotenzial. 

Dramaturgisch verpassen Webb und Drehbuchautorin Erin Cressida Wilson der Schneewittchen-Figur deutlich mehr Backstory, was für einen etwas umständlich geratenen Einstieg sorgt. 1937 lag mit dem Original-Schneewittchen die Würze der Leinwanderzählung in der pointierten knapp 90-minütigen Kürze. 2025 zeigen sich bei 109 Spielminuten hier und da dramaturgische Fettpölsterchen. Auch vermag die Neuauflage bei allem Bemühen nicht an den visuell einzigartigen Charme seiner Vorlage heranreichen. Die Bilder wirken wie aus einer Serie. Hier hätte man dem künstlerischen Department mehr Mut und opulenteren Gestaltungswillen gewünscht. Statt auf eine reformierte Ästhetik setzen Marc Webb und Disney schwerpunktmäßig aufs inhaltliche Reformprogramm. Mehr Diversity und Widerstandgestus sorgen für eine politische Powermessage, bei der man sich als Zuschauer an mancher Stelle ein bisschen wie im Stadttheater vorkommt. Etwas mehr Charme und Glamour hätten dieser soliden Schneewittchen-Neuverfilmung gutgestanden. 

*Chris Schinke*
  

REVIEW KINO: „Schneewittchen“ mit Rachel Zegler