Blickpunkt:Film

Produktion

[Schramm Film](/company/schramm-film-koerner-und-weber) ist zum sechsten Mal mit einem Film von [Christian Petzold](/person/christian-petzold) im Wettbewerb der [Berlinale](/company/internationale-filmfestspiele-berlin). Wir sprachen mit Produzent [Anton Kaiser](/person/anton-kaiser) über „[Roter Himmel](/movie/roter-himmel)“, der heute Abend Premiere feiert, und den auch in 2022 gedrehten „[Verbrannte Erde](/movie/verbrannte-erde_0)“ von [Thomas Arslan.](/person/thomas-arslan)

Anton Kaiser, der seit Januar 2022 als dritter und jüngster Gesellschafter bei Schramm Film Koerner Weber Kaiser agiert, betont, dass es auch nach fünf Einladungen in den Wettbewerb „keine Selbstverständlichkeit ist, dort zu landen“. „Wir freuen uns sehr. Dass unsere Filme oft auf der Berlinale laufen, hat vielleicht auch schlicht damit zu tun, dass wir gerne im Sommer drehen, unsere Filme zum richtigen Zeitpunkt fertig werden“, führt Kaiser aus. Neben den Teilnahmen mit den Petzold-Filmen war Schramm Film, eine der renommiertesten Arthouseschmieden Deutschlands, u.a. mit Werken von Thomas Arslan und [Angela Schanelec](/person/angela-schanelec) noch weit häufiger auf der Berlinale vertreten. Im vergangenen Jahr lief beispielsweise Max Linz’ Farce „[L’ état et moi](/movie/l-etat-et-moi)“ im Forum.

Während der Pandemie kam Christian Petzold, der seit seinem Abschlussfilm an der DFFB „Pilotinnen“ 1994 regelmäßig mit Schramm Film arbeitet, mit seinem neuen Stoff auf [Florian Koerner von Gustorf](/person/florian-koerner-von-gustorf), [Michael Weber](/person/michael-weber) und Anton Kaiser zu. Kaiser beschreibt den Film als „schwirrenden, tragikomischen Sommerfilm“, eine Geschichte von vier jungen Menschen, die in einem Ferienhaus an der Ostsee zufällig aufeinandertreffen – zwei sind zur Arbeit dorthin gekommen, die anderen beiden wollen den Sommer genießen. Sie lernen sich kennen, verbringen die Tage und Nächte miteinander, verletzen und verlieben sich, während um sie herum Waldbrände immer näher kommen. Der Stoff könne als Reaktion auf die Vereinzelung junger Leute während der Pandemie verstanden werden, so Kaiser. Es seien aber eigentlich die universellen, abgründigen Momente des Erwachsenwerdens – oft verknüpft mit großer Situationskomik rund um die Hauptfigur des Schriftstellers Leon, der verzweifelt mit seinem Manuskript kämpft.

Die Finanzierung ging dank des frühen Commitments von [Caroline von Senden](/person/caroline-von-senden) vom ZDF und Filmpreisnominierungsgeldern vergangener Filme recht schnell voran, sodass man im Sommer 2022 mit einem „ausreichenden Budget“ von 3,8 Mio. Euro drehen konnte – war die Produktion doch logistisch weniger aufwändig als etwa Petzolds „[Transit](/movie/transit_d)“, der komplett in Marseille gedreht wurde.
Das Hauptmotiv des Ferienhauses wurde in der Nähe von Zossen, Brandenburg gefunden, wo man für sich alleine war und sich „bestmöglich abschotten konnte“, so Kaiser. Corona-konformes Drehen war deshalb zwar verhältnismäßig gut möglich, aber die späte Entscheidung, den Corona Ausfallfonds über den Juni hinaus zu verlängern, hat doch „einige Nerven gekostet“. Es gab schließlich „zum Glück nur wenige kurzzeitige Ausfälle, die den Drehablauf nicht gestoppt haben“. 

Eine weitere Sorge im Vorfeld des Drehs war laut Kaiser, dass die Geschichte über Trockenheit und drohende Waldbrände keinen Regentropfen vor der Kamera erlaubt hätte und deshalb Cover-Szenarien für längere Regenfälle vorbereitet werden mussten. Tatsächlich war der Brandenburger Sommer aber einmal mehr so heiß und trocken, dass reale Waldbrände kurzzeitig zur größeren Bedrohung wurden, die zwischenzeitlich bis auf 30km an den Drehort heranreichten.
Die Brände, die im Film zu sehen sind, wurden selbstverständlich digital erstellt. Petzold hatte bereits beim vorherigen Berlinale-Wettbewerbs-Titel „[Undine](/movie/undine_0)“ Erfahrung mit VFX-Arbeit gemacht, um die Unterwasserwelt zu kreieren. VFX Supervisor Jean-Michel Boublil von Automatik FX unterstützte das Team bei beiden Filmen. 

Zum Ensemble aus bewährten und neuen Talenten gehören [Paula Beer,](/person/paula-beer) die bereits in „Transit“ und „Undine“ für Petzold vor der Kamera stand und für „Undine“ 2020 mit einem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde und schon früh zugesagt hat, [Enno Trebs](/person/enno-trebs), der in „Undine“ eine kleine Rolle als Kellner spielte, sowie der Wiener [Thomas Schubert](/person/thomas-schubert) aus „King of Stonks“ und [Langston Uibel](/person/langston-uibel) aus „High Society“ und „Dogs of Berlin“, die zum ersten Mal mit Petzold arbeiten. [Matthias Brandt](/person/matthias-brandt), der drei „Polizeiruf“-Folgen mit Petzold drehte, hat einen Auftritt als Verleger, der beim jungen Quartett auftaucht und vor allem beim von Schubert gespielten Autoren für Stress sorgt. Zur hochkarätigen Crew gehören langjährige Mitstreiter wie Kameramann [Hans Fromm](/person/hans-fromm), Szenenbildner K.D. Gruber und Editorin [Bettina Böhler](/person/bettina-boehler).

Zwei Monate nach Drehschluss von „Roter Himmel“ setzte Schramm Film im vergangenen Spätherbst die Dreharbeiten zu „Verbrannte Erde“ von Thomas Arslan um, auch ein Autorenfilmer, mit dem Schramm Film eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Arslans und Schramm Films Westerndrama „[Gold](/movie/gold_5)“ und die Vater-Sohn-Geschichte „[Helle Nächte](/movie/helle-naechte)“ feierten 2013 bzw. 2017 im Wettbewerb der Berlinale Premiere. „Verbrannte Erde“ ist „ein ganz anderer Film, Genre, mit ganz anderen Herausforderungen“, so Kaiser. In dem Film Noir-Thriller kehrt der von [Mišel Matičević](/person/misel-maticevic) gespielte Gangster Trojan aus Arslans „Im Schatten“ aus dem Jahr 2010 zurück nach Berlin. Der Film sei „kein Marvel-Sequel, sondern kann durchaus für sich stehen, falls man „Im Schatten“ nicht gesehen hat, aber es lassen sich natürlich viele Bezüge zu „Im Schatten“ herstellen“.
Bei den Dreharbeiten wurde an vielen großstädtischen Motiven gedreht. „Wir hatten kein abgeschiedenes Hauptmotiv mit 20 Drehtagen wie bei „Roter Himmel“, sondern mussten fast jeden Tag umziehen.“ Reinhold Vorschneider führte die Kamera wie auch bei „Im Schatten“ und „Helle Nächte“, Szenenbildnerin war Reinhild Blaschke, ebenfalls eine langjährige Vertraute von Arslan. 

„Es war toll, Ende des Jahres 2022 zwei so verschiedene Filme abgedreht zu haben“, so Kaiser.  „Verbrannte Erde“ befindet sich aktuell in der Postproduktion. Er hätte auch schon früher gedreht werden können, [Andrea Hanke](/person/andrea-hanke) vom WDR und Uta Cappel von Arte waren frühzeitig involviert und haben sich für das Projekt sehr stark gemacht. „Durch die beiden ausgefallenen Kino-Ko-Sitzungen beim WDR hingen wir dann aber eine ganze Weile ziemlich in der Luft.“ 
Beide im vergangenen Jahr gedrehten Filme werden von [Piffl Medien](/company/piffl-medien) in die Kinos gebracht, der Berliner Verleih ist regelmäßiger Partner. „Roter Himmel“ startet nach seiner Berlinale-Premiere am 20. April bundesweit. Mit Les Films du Losange, die bereits „Undine“ koproduzierten und verliehen, ist bereits ein Verleih für Frankreich an Bord. Sie stiegen schon auf Drehbuchbasis ein. [The Match Factory](/company/the-match-factory) kümmert sich als Weltvertrieb um weitere Territorien. Petzold ist auch international ein Begriff, der etwa in Südkorea und USA regelmäßig Verleiher und Publikum findet. Im deutschen Kino war Petzold mit „[Barbara](/movie/barbara_7)“ und „Transit“, der auf über 112.000 Besuche kam, ganz besonders erfolgreich. Einen Veröffentlichungstermin für „Verbrannte Erde“ gibt es noch nicht und man darf gespannt sein, bei welchem Festival er landen wird.

Schramm Film arbeitet derweil an zwei neuen Spielfilmprojekten. Zum einen an einer deutsch-rumänischen Produktion, mit der [Alexandra Balteanu](/person/alexandra-balteanu) ihren Abschlussfilm an der DFFB vorlegen wird. Sie war 2017 mit ihrem dokumentarisch anmutenden Drama „Vanatoare“ über drei befreundete Sexarbeiterinnen beim Max Ophüls Preis ausgezeichnet worden. „Mit jungen Leuten zu arbeiten, die oft auch einen neuen Ansatz mitbringen, ist eine Notwendigkeit. Wir wollen uns auch in der Zukunft mit Kinofilmen beschäftigen“, sagt Kaiser. Zum anderen entwickelt Schramm Film Petzolds nächsten Stoff, der sich in der Treatmentphase befindet und im Sommer 2024 gedreht werden soll. „Wir sind mit der Finanzierung hierfür noch ganz am Anfang“, so Kaiser, aber dass „Roter Himmel“ bei der Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis nicht berücksichtigt wurde, „war ein echter Tiefschlag. Dadurch wurde uns die Chance auf eine Nominierung durch die Akademie und damit einhergehende Gelder zur Finanzierung genommen.“ Dessen ungeachtet steigt jetzt die Vorfreude auf die Auswertung des Films und auf die Berlinale, „die die Währung ist, mit der wir handeln, was die künstlerische Wertschätzung unserer Filme betrifft“. 

Die drei Gesellschafter sind bei allen Projekten gleichermaßen eingebunden. „Das Gute bei einer kleinen Firma wie unserer ist, dass es keine Abteilungsschilder braucht und der Austausch eng ist“, so Kaiser, „ein Austausch, bei dem verschiedene Perspektiven eingebracht werden: Florian und Michael mit ihrer Erfahrung und ich als Vertreter einer jüngeren Generation".

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