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Karoline Herfurth gelingt eine humorvoll-lebenskluge Fortsetzung ihres Publikumshits „Wunderschön“.

Dass komplexe Liebes- und Lebenskrisen ein prima Motor für dramatisches Filmgeschehen sein können, das bewies Regisseurin und Schauspielerin [Karoline Herfurth](/person/karoline-herfurth) mit ihrem herzergreifenden und komischen Drama „Wunderschön“ 2022 im Kino. Nach ihren Publikumserfolgen „SMS für dich“, „Sweethearts“ und „Einfach mal was Schönes“ gibt’s mit „[Wunderschöner](/movie/untitled-k-herfurth-local-production)“ nun erstmals eine Wiederbegegnung mit den vom Publikum liebgewonnenen Filmcharakteren Herfurths. Vorneweg natürlich wieder mit der strauchelnden doch zielsicher durchs Leben streifenden Heldin Sonja, gespielt von Herfurth selbst, die nach ihrer Trennung von Ehemann Milan (Friedrich Mücke) Höhen und Tiefen des Singledaseins auslotet, wobei sich die Frage stellt, ob für die beiden doch noch eine Chance besteht. Die Bühne gehört in „Wunderschöner“ der selbst-disziplinierten Medienfrau Nadine (Anneke Kim Sarnau). Beim Lunch mit ihren Kolleginnen ereilt sie eine Schocknachricht. Ihr Politiker-Ehemann (Godehard Giese) lässt sich auf Prostituierte ein. Kompromittierende Bilder zeigen ihren Gatten mit einer jungen Escort-Frau. Das Leben der gemeinsamen Tochter Lilly (Emilia Packard), eigentlich ein toughes Mädchen, gerät durch die Nachtleben-Eskapaden des Vaters ins Wanken. Kunstlehrerin Vicky (Nora Tschirner) weckt in der 16-Jährigen feministisches Bewusstsein, während Julie (Emilia Schüle) nach einem Klinikaufenthalt die ungewollte Begegnung mit einem übergriffigen Kollegen am Filmset macht. 

„Wunderschöner“ begibt sich nach seinem Vorgängerfilm, der sich mitunter als emanzipativer Kommentar zu gesellschaftlich vorgegebenen Körperbildern verstand, erneut aufs Terrain des Geschlechterkampfes, wobei Karoline Herfurths sanfter, einfühlsamer und gleichzeitig bestimmter Film auch schonungslos gängige Männerbilder hinterfragt. Der neue Kollege an der Schule, Trevor (Malick Bauer) lebt den halbstarken Klassenkameraden Lillys ein Männlichkeitsideal vor, bei dem stark sein und sich verletzlich zeigen können keine Gegensätze sind. Auch Vickys bergfester on-and-off-Typ Franz (Maximilian Bruckner) darf sich seine Ängste eingestehen und ist als träumerischer Gipfelstürmer ein echtes Sweetheart. Die Wechselfälle des (Liebes)Lebens zeigt „Wunderschöner“ als Drama mit gesellschaftspolitischem Tiefgang und erzählerischer Leichtigkeit. Eine Mischung, für die in Deutschland nur ganz wenige ein Händchen haben. Regisseurin Karoline Herfurth hat es. 

Ihr humorvolles Drama gelingt der Spagat zwischen großem Format fürs breite Publikum und feiner Autorenfilmer-Sensibilität. Ihr Ensemble vor und hinter der Kamera darf dabei glänzen. Dass sich die rührenden Szenen stets realistisch und lebensnah anfühlen, dafür sorgt auch das von Karoline Herfurth gemeinsam mit Autorin Monika Fäßler erarbeitete Drehbuch, dessen Dramaturgie sich während 137 Filmminuten den ein oder anderen ausgiebigen Schlenker erlaubt. Ein wohliges Gefühl von Nachhausekommen stellt sich beim Zuschauer angesichts so mancher Szene des Wiedersehens ein. Präzise, direkte, gefühlvolle wie unsentimentale Bilder findet Kameramann Daniel Gottschalk. Man darf gespannt sein, ob Karoline Herfurth und ihr Produzententeam aus Lothar Hellinger und Christopher Doll abermals zu ihren „wunderschönen“ Filmfiguren zurückkehren. Mit „Wunderschöner“ gelingt ihnen ein Frauenpower- und Ensemblefilm, der eine für Kino und die Gesellschaft utopisch anmutende Perspektive eröffnet, eine Welt ohne Machtmissbrauch – gefühlsstark, wahrhaftig und humorvoll-lebensklug.   

*Chris Schinke*

REVIEW KINO: „Wunderschöner“ von und mit Karoline Herfurth