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Kino

Blickpunkt:Film: Wie verlief das letzte Jahr für Cinecittà?

Wolfram Weber: Eines kann man mit Sicherheit sagen: Wir sind nach wie vor das besucherstärkste Multiplex in Deutschland - wenn auch auf niedrigerem Niveau als 2002. Wir hatten etwa zwei Mio. Besucher im Kino, wovon 330.000 auf das Imax entfallen. 2002 waren es insgesamt 2,4 Mio., was jedoch nicht sehr aussagekräftig ist, da das Imax in seinem ersten Jahr über einer halbe Mio. Zuschauer anlockte. Zum Vergleich: Unser erfolgreichstes Jahr war 2001 mit über 1,9 Mio. Besuchern in den konventionellen Kinosälen.

BF: Bedeutet ein schlechter Geschäftsverlauf wie im vergangenen Jahr denn gleich auch eine Krise?

WW: Das Jahr 2003 war für uns wahrlich nicht perfekt, aber deshalb würde ich keineswegs gleich von einer Krise sprechen. Denn eines ist klar: Wir jammern auf einem ziemlich hohen Niveau. Leider ist im vergangenen Jahr die deutsche Kinobranche mit ihren Krisenszenarien wieder negativ ins Gerede gekommen, was auch uns den Umgang mit den Banken erschwert - dort gehen gleich alle Sicherheitszäune hoch, wenn die das Wort Kino hören. Deren Bereitschaft, der Kinobranche langfristig Geld zur Verfügung zu stellen, wird immer geringer, was für uns immer wieder anstrengende Überzeugungsarbeit bedeutet.

BF: Das Cinecittà besteht jetzt seit fast zehn Jahren und gehört zu den profiliertesten und branchenweit angesehensten Multiplexen. Wie zufrieden sind Sie mit der langfristigen Entwicklung?

WW: Das Cinecittà lief seit der Eröffnung bombastisch, was sich in einer konsequenten Expansion niederschlug: Nachdem wir 1995 mit zwölf Sälen und zwei Restaurants angefangen haben, wurde der Komplex ständig vergrößert: 1997 kamen drei weitere Säle hinzu, 2001 nochmal drei und Ende 2001 dann das Imax mit 500 Plätzen und ein Simulationskino mit 48 Plätzen. In den 18 regulären Kinosälen verfügen wir heute über 4500 Plätze.

BF: Hatten Sie bei Ihren Planungen damals mit einem derartigen Erfolg gerechnet?

WW: Als wir mit den Banken zu verhandeln begannen, hatten wir drei Szenarien: eine Break-even-Rechnung, eine realistische und eine euphorische. Bislang haben wir in jedem Jahr das euphorische Szenario deutlich überschritten.

BF: Können Sie das auch fürs Imax sagen?

WW: Leider nicht so ganz. Zwar hatten wir im ersten Jahr, wie gesagt, 550.000 Besucher und waren äußerst zufrieden, doch die 330.000 2003 reichen uns langfristig nicht. Zwar ist das immer noch eine ganz ansehnliche Zahl - unser größter konventioneller Saal hatte beispielsweise letztes Jahr 280.000 Besucher. Aber für ein Imax-Kino sind die Investitionen auch zehnmal so hoch. Als wir Ende der neunziger Jahre mit den Planungen begannen, konnten die Imax-Kinos in München und Berlin jährlich etwa eine Mio. Besucher locken, was natürlich auch uns sehr optimistisch gestimmt hat.

BF: Warum funktioniert das Projekt Imax nicht so richtig?
WW: Das liegt meiner Meinung nach an der falschen Geschäftspolitik der Imax-Corporation. Die bringen gewöhnliche Blockbuster wie "[Matrix](/movie/matrix)" als Blow-up ins Kino, das so genannte Imax DMR, statt in originäres, attraktives Programm zu investieren und das dafür notwendige Branding zu betreiben. Für uns Kinobetreiber bedeutet das: Der Besucherstrom wird vom konventionellen Kino ins Imax gelenkt, allerdings muss ich dazu sagen, dass die DMR-Filme von uns nicht eingesetzt werden. Für eine angemessene Auslastung brauche ich jedoch im Imax Besuchergruppen, die normalerweise nicht ins Kino gehen.

Cinecittà als riesiges In-Lokal

BF: Hatten bzw. haben Sie Ambitionen nach weiterer Ausweitung Ihres Geschäfts, vielleicht auf andere Städte?

WW: Nach unseren Erfolgen seit der Eröffnung gab es immer wieder Angebote, Multiplexe in anderen Städten zu betreiben. Doch haben wir es im Lauf der Jahre erfolgreich vermieden, solche Angebote anzunehmen. Wir konzentrieren uns lieber auf unseren ureigenen Standort. Zudem betreiben wir in Nürnberg mit der [Meisengeige](/company/meisengeige), dem [Casablanca](/company/casablanca-filmkunsttheater), dem [Metropolis](/company/metropolis_5) und dem [Atrium](/company/atrium) vier weitere Kinos mit insgesamt acht Sälen, in denen vornehmlich Arthouse-Ware gespielt wird. Und auch die laufen ganz ordentlich - wir sind immer in den schwarzen Zahlen, auch wenn sie des Öfteren ins leicht Graue gehen.

BF: Verraten Sie uns Ihr Geheimnis?

WW: Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere ständige Präsenz und unser kontinuierlicher Einsatz sehr auf das Geschäft niederschlagen. Zudem verfügt das Cinecittà über eine hervorragende Lage, hat eine ideale U-Bahn-Anbindung und viele Parkhäuser in der unmittelbaren Umgebung. Und, was besonders wichtig ist: Das Cinecittà war vom ersten Tag an ein riesiges In-Lokal. Und da alle Gastronomiebetriebe selbst direkt über uns laufen, partizipieren wir auch an diesem Erfolg. Ich schätze mal, dass wir im Vergleich zum Multiplexdurchschnitt einen dreifachen Nebenumsatz vorweisen können.

BF: Was tun Sie, um das Publikum kontinuierlich in Ihr Kino zu locken, auch wenn das Filmangebot zeitweise nicht so berauschend ist?

WW: Für uns ist wichtig, immer im Gespräch zu bleiben, uns immer was Neues einfallen zu lassen. So bieten wir seit geraumer Zeit in einem eigenen Shop nicht nur DVDs zum Verkauf und Verleih an, weil wir finden, dass ein Multiplex genau der richtige Ort ist für diesen Vertrieb, sondern planen zudem ein eigenes DVD-Studiokino. Das ist dann zu mieten, und jeder kann sich seinen Lieblingsfilm auf der großen Leinwand anschauen.
BF: Wie funktioniert bei Ihnen die Kombination aus Mainstream und Arthouse?

WW: Meines Wissens sind wir das einzige Multiplex in Deutschland, wo das wirklich läuft. Unsere Besucher haben keine Berührungsängste, ganz im Gegenteil: Zu unseren Vormittagsvorstellungen kommen immer viele Senioren. Zudem können wir das Angebot mit 18 Sälen und unseren zusätzlichen Programmkinos sehr gut steuern und ständig anpassen.

BF: Wie sehen die wichtigsten Elemente Ihres Marketings aus?

WW: Wir sind sehr stolz darauf, dass im Cinecittà 40 bis 50 Prozent aller Besucher die Möglichkeit der Online-Reservierung nutzen. Dadurch verfügen wir über eine riesige Datenbank unserer Kunden und schicken so jede Woche über 120.000 E-Mails mit dem aktuellen Programm raus. Dazu kommen unsere traditionelle Programmzeitschrift Filmtipps mit ei-ner Auflage von 35.000 pro Woche und äußerst gute Kontakte zu den Nürnberger Lokalradios. Die verlosen an ihre Hörer Tickets und ganze Vorstellungen und werben dafür die ganze Woche über für die neuen Filme.

BF: Ist die Talsohle für 2004 durchschritten?

WW: Die Verleiher sagen ja, das Kinojahr beginnt erst im Mai, und betrachtet man die Zahlen, dann haben sie leider Recht: Bei uns lagen die ersten drei Monate zehn Prozent unterm Vorjahr. Allerdings bin ich sicher, dass es ab jetzt bergauf geht: Übers Jahr gesehen, rechnen wir mit einer fünfprozentigen Steigerung.

Wolfram Weber, Deutschlands erfolgreichster Kinomacher