Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt Film: Der Multiplexmarkt gilt in Deutschland als beinahe gesättigt, Ketten klagen mancherorts über Auslastungsprobleme. Welche Projekte verfolgt UCI noch?

Ralf Schiling: Gebaut wird noch am Megaplex in Frankfurt, und im Februar soll Wien in Betrieb gehen. Das fertige Kino in Neukölln haben wir aufgegeben, weil vereinbarte bauliche Bedingungen nicht erfüllt wurden. Wir haben schon vor längerer Zeit auf Anfrage des Vermieters den Übergabetermin verschoben, und trotzdem konnte das Kino nicht in akzeptabler Form übergeben werden. Da mussten wir zurücktreten.

BF: Sind Kinos in Entertainment-Centern und Megaplexe denn überhaupt noch eine realistische Strategie für den deutschen Markt ?

RS: Wenn sie in die Wettbewerbssituation passen, sehen wir Megaplexe als die Kinos der Zukunft. Das UCI-Megaplex mit 20 Sälen bei Manchester bringt die zweitbesten Zahlen des britischen Markts. Natürlich gilt das vor allem in Ländern, wo es für uns noch mehr Entwicklungsmöglichkeit gibt: Polen, Taiwan, Brasilien, Spanien, Japan etwa. Wir sehen uns für eine internationale Konsolidierung gut gerüstet. Die derzeitige Situation um Carmike und andere in den USA ist natürlich nicht förderlich für internationale Kinobetreiber.

BF: Haben sich die Erwartungen erfüllt, mit denen UCI vor etwa zehn Jahren auf dem deutschen Markt angetreten ist?

RS: Die gesamte Branche hat mit einem höheren Pro-Kopf-Besuch gerechnet, der hat sich bisher nicht wie erhofft eingestellt. Die Steigerungsraten kamen nur durch neue Kinos zustande, während die alten verloren. Für die gestiegenen Besucherzahlen waren Milliardeninvestitionen nötig, für die es derzeit keinen adäquaten Return gibt. Ich glaube aber nicht, dass es zu viele Kinos gibt, wir haben vielmehr zu wenig neue Besucher generiert. Jetzt braucht es gemeinsame lang- und kurzfristige Strategien von Kinos und Verleihern. Kino muss wieder kulturelle Einrichtung und Teil des täglichen Lebens werden. Ich halte 200 Mio. Besucher für realistisch. Wir haben mit unseren Kinotagen bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Montags und dienstags konnten wir mit niedrigeren Preisen die Besucherzahlen erhöhen, aber auch die Einnahmen, was auch die Verleiher freuen sollte. Beim Kino im Ruhrpark etwa hat sich die Besucherzahl an diesen beiden Tagen auf 3000 verdoppelt. Das sind zusätzliche Besucher, denn am Wochenende haben wir nichts verloren. Wir aktivieren so ein bisher nicht erreichtes Publikum, das aufs Geld schauen muss.

BF: Von Kollegen und Verleihen wird UCI Dumping vorgeworfen. Ist der Kinobesuch in einem Top-Multiplex nur 7,50 Mark wert?

RS: Der Eintrittspreis in Ostdeutschland lag 1999 bei 9,51 Mark, im Westen bei 10,86 Mark. Unsere Eintrittpreise liegen 1999 und 2000 durchschnittlich über diesen Werten. Der Vorwurf trifft mich deshalb überhaupt nicht. In den letzten Jahren stiegen die Eintrittspreise im Osten im Schnitt um sieben Prozent, im Westen um mehr als 2,5 Prozent. Das liegt erheblich über den Preissteigerungsraten, wodurch die Verleiher erheblich profitiert haben. Ich habe bei Verleihern versucht, für problematische UCI-Standorte bessere Konditionen zu bekommen, leider ohne Erfolg. Mir wurde zu verstehen gegeben, dass wir unsere Probleme selbst lösen sollen. Das haben wir mit den Kinotagen dann auch gemacht und für höherere Einnahmen auch bei den Verleihern gesorgt. Und darüber beschwert man sich jetzt. Das zeigt, dass die Verleiher mit ihrem eigenen Geschäftsmodell sehr zufrieden sind. Nur wer zufrieden ist, will nichts ändern. Man will die Filmmiete nicht variabel handhaben, man ist gegen flexible Eintrittspreise. Da man sich aber über die Entwicklung der Besucherzahlen genauso getäuscht hat, möchte man jetzt die Einnahmen über Mindestmieten erhöhen. Es ist wichtig, die Preissteigerungen der Vergangenheit zu korrigieren. Dass dies möglich ist, zeigt unsere Aktion und die der anderen Betreiber.

BF: In anderen Wirtschaftszweigen werden die Lieferanten nicht gebeten, ihre Preise zu senken, während man eigene Umsätze aus anderen Produkten, sprich Süßigkeiten, erhöht.

RS: Das Kino ist für die Auswertung eines Films nur die erste, aber sicher die wichtigste Stufe. Keiner der Betreiber hat bisher gefordert, auch am Ertrag aus den TV-, Video-, und DVD-Lizenzen beteiligt zu werden. Solche gegenseitigen Argumente bringen niemanden weiter, ein Miteinander ist gefordert. So bauen wir gerade personell um, um das lokale Marketing zu optimieren, was gerade kleineren Filmen mit geringeren Werbeetats zugute kommt. Das geht nur mit vernünftiger Posterwerbung und dem richtigen Einsatz von Trailern etc. Leider bekommen wir das Material dafür von den Verleihern oft viel zu spät.

BF: Hoyts hat den deutschen Markt verlassen, [Village Cinemas](/company/multiplex-hamburg-mundsburg-kino) scheint dies zu planen. [Kieft](/company/greater-union-first-cinema-bv-und-co-kg), [Cinemaxx](/company/cinemaxx-holdings-gmbh) und [UFA](/company/ufa-theater-gmbh-und-co-kg) arbeiten beim Kartenverkauf zusammen. Ist UCI auf der Suche nach deutschen Partnern?

RS: Derzeit spricht jeder mit jedem darüber, wie die Situation für einen selbst am günstigsten zu gestalten ist. Gerüchte, dass der eine den anderen übernehmen will, sind dabei aber nicht förderlich.

BF: UCI ist derzeit Vorreiter bei der digitalen Projektion. Rechnen Sie mit einer schnellen Umstellung?

RS: Das wird sich allmählich vollziehen, auch weil die Kostenfrage noch völlig offen ist. Die neuen Kinos werden aber je einen digitalen Projektor bekommen. Bei "Fantasia 2000" in Berlin und Düsseldorf reagiert das Publikum sehr positiv, besonders auf die Farbqualtität. Der nächste Digital-Film wird "[Dinosaurier](/movie/disneys-dinosaurier)". Wir versuchen jetzt, auch von anderen Verleihern digitale oder digitalisierte herkömmliche Filme zu bekommen.

BF: UCI ist die einzige große Multiplex-Kette, die noch im [HDF](/company/hdf-kino-ev) ist. Ist der Multiplexverband [Cineropa](/company/cineropa) für Sie nicht interessant?

RS: Die derzeitigen Probleme betreffen gesamte Branche. Ich war immer der Meinung, man sollte sie in einem existierenden Verband, der Kontinuität bietet, gemeinsam lösen. Sollte ich feststellen, dass wir als nun einzige Multiplexkette vom HDF nicht mehr angemessen vertreten werden können, müsste ich das überdenken. Aber auch Cineropa muss seine Aktivitäten fokussieren und für Kontinuität sorgen. Dass nach einem Jahr Suche der frischgebackenene Geschäftsführer gleich wieder geht, war zwar nicht sehr vertrauenserweckend, kann aber passieren.

UCI-Chef Ralf Schilling zum deutschen Multiplexmarkt