Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Die meisten Ihrer Filme haben Sie nach Ihren eigenen Kurzgeschichten gedreht.

Doris Dörrie: Dabei denke ich während das Schreibens überhaupt nicht daran, sie zu verfilmen. Geschichten aufs Papier zu bringen ist von der Filmarbeit völlig getrennt. Erst viel später kann es passieren, daß es mich reizt, die eine oder andere Story mit Filmbildern neu zu erzählen. Im vorliegenden Fall habe ich einige Geschichten aus meinen Büchern "Für immer und ewig" und "Bin ich schön?" miteinander verwoben.

BF: Dabei ist ein Filmreigen entstanden. Das ist in der deutschen Kinolandschaft eher unüblich.

DD: Die Idee dazu hatte ich schon lange. Aber alle haben mich davor gewarnt, sie in die Tat umzusetzen. Erst als Robert Altman mit "Short Cuts" Furore machte, haben sie gesehen, daß es tatsächlich funktioniert. Mich hat dann einfach interessiert, ob auch ich eine so komplizierte Struktur filmisch in den Griff kriegen kann.

BF: Wie haben Sie dafür ausgerechnet Bernd Eichinger als Produzent gewonnen? Sind Sie nicht mit ihm verkracht?

DD: Es stimmt schon, daß wir in der Vergangenheit einige Differenzen hatten, aber das ist längst kalter Kaffee. Als Bernd mein Drehbuch gelesen hatte, wollte er den Film unbedingt mit mir machen. Vom ersten Tag an haben er und sein Kollege Martin Moszkowicz mich bei den Dreharbeiten unterstützt, wo sie nur konnten. Bernd hat ein untrügliches Gespür für das Wesentliche in einem Film.

BF: Wie haben Sie die beeindruckende Schauspielerriege für "Bin ich schön?" zusammenbekommen?

DD: Darauf bin ich besonders stolz. Ich habe sie einfach gefragt und sie haben ja gesagt. Bis auf wenige Ausnahmen ist es nicht ganz einfach, so viele hochkarätige Schauspieler rein logistisch unter einen Hut zu bringen. Zumal wir ja nicht nur in München, sondern auch in Spanien gedreht haben.

BF: Inwieweit sind die Geschichten des Films autobiographisch?

DD: Diese Frage ist schwer zu beantworten. Ich glaube, man kann keinen einzigen Satz schreiben, der nicht irgendwie mit einem selbst zu tun hat - sonst könnte man ihn ja nicht schreiben. Auf der anderen Seite ist jeder Künstler schlau genug, sich zu tarnen, es sei denn, er will biographisch erkannt werden.

BF: Was ist Ihr wichtigstes Handwerkszeug?

DD: Das Wichtigste bei jeder künstlerischer Arbeit ist, glaube ich, der Hunger auf Menschen, auf echtes Leben. Und natürliche eine sehr gute Beobachtungsgabe.

BF: Ihre Spezialität ist es, wie Sie Ihre Figuren behandeln: dieser Balanceakt aus Demaskierung und Anteilnahme.

DD: Für mich kommt es eben sehr auf die Nuancen an. Ich halte überhaupt nichts von Schwarzweißmalerei. Ich glaube, daß die Ambivalenz die Dinge des Lebens am besten kennzeichnet. Wie kann es sein, daß wir in einem Moment himmelhoch jauchzend und im nächsten zu Tode betrübt sein können und nicht wissen warum? Das versuche ich gerade auch in diesem Film darzustellen.

BF: Wobei Sie dabei meist nach dem Prinzip Hoffnung verfahren.

DD: Ich bin eben ein optimistischer Mensch. Ich bin der festen Überzeugung, daß, wenn man sich mit Wucht in die Katastrophe schmeißt - und das bedeutet das Leben: die volle Katastrophe, man letztlich dafür belohnt wird und lebendig bleibt. Und es ist ziemlich egal, ob es dabei um Schmerz oder Liebe geht, man bekommt beides. Wer allerdings Angst hat, sich darauf einzulassen, bekommt gar nichts, weder die großen Schmerzen, noch die große Liebe.

BF: Fühlen Sie sich eigentlich im deutschen Film zu Hause?

DD: Ich weiß gar nicht, was das ist, der deutsche Film. Ich fühle mich im Buschladen heimisch und im Kino, aber sonst...

BF: Können Sie schon etwas zu Ihrem nächsten Projekt sagen?

DD: Der Arbeitstitel des Films lautet "Erleuchtung garantiert". Er handelt von zwei Männern, die sich nach Japan aufmachen, um dort in einem buddhistischen Kloster die Erleuchtung zu finden - oder auch nicht.

BF: Haben Sie sich die Frage "Bin ich schön?" schon selbst einmal beantwortet?

DD: Wer glücklich ist, ist schön. Schönheit kommt von innen, alles andere ist Make-up.

Regisseurin Doris Dörrie zu 'Bin ich schön?'