Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: In Ihren Projekten spielen Kinder oder Jugendliche eine wichtige Rolle. Liegt es Ihnen besonders am Herzen, etwas über deren Alltag zu erzählen?

Caroline Link: Ja, aber nicht unbedingt für Kinder, sondern auch für ein erwachsenes Publikum. "Pünktchen und Anton" ist nicht nur ein Kinderfilm, wir haben uns auch sehr viel Mühe mit den Erwachsenen-Figuren gegeben, um sie dreidimensionaler zu machen als es zum Teil bei Kästner der Fall ist. Ich hoffe, daß der Film dadurch auch für Erwachsene interessant ist.

BF: Haben Sie deshalb auch das Drehbuch geschrieben?

CL: Ich schreibe gern und mache gern einen Stoff zu meinem, um ihn gut umsetzen zu können. Ich möchte einem Projekt meinen persönlichen Stempel aufdrücken. Ich habe die Möglichkeit gesehen, Kästner zu entstauben und gleichzeitig das hervorzuheben, was mir unheimlich gut gefällt. Das herauszuholen, warum ich überhaupt den Film machen will.

BF: Was war das?

CL: Kästner hat eine sehr große Fähigkeit und Qualität, indemer mit Kindern über Themen spricht, die ihnen sehr nahe gehen, wie z. B. Scheidung. Er beschäftigt sich sehr ernsthaft mit dem Alltag von Kindern, macht das auf eine sehr versöhnliche, positiv-optimistische und humorvolle Art. Damit erreicht er Kinder sehr tief in ihrer Seele, ohne furchtbar ernst zu sein. Es gibt immer viel zu lachen. Das liegt mir.

BF: Haben Ihnen die Produzenten freie Hand gelassen?

CL: Nach dem Erfolg von "Jenseits der Stille" hatte ich bei diesem Film ziemlich viele Freiheiten. Wir waren uns schnell einig, wie der Film aussehen soll, da gab es keine großen Streitpunkte.

BF: Es gibt einige sehr schöne Szenen in "Pünktchen und Anton", in denen gesungen wird. Wurden die Lieder eigens für den Film geschrieben?

CL: Dieses Geisterlied gibt es schon, das habe ich bei meinen Neffen auf Cassette gehört. Das habe ich sozusagen aus dem Kinderzimmer geklaut. Das Lied, das Pünktchen unter dem Stachus singt, wurde eigens für den Film komponiert. Ich mag die Momente sehr, in denen man nicht unbedingt die Handlung weitertreibt, sondern einfach nur zugucken kann und den Zuschauern einen Moment der Entspannung bietet, wo sich gute Laune und Fröhlichkeit übertragen soll.

BF: Fühlen Sie sich nach "Jenseits der Stille" unter Erfolgsdruck?

CL: Ich versuche, den Erfolsdruck nicht an mich herankommen zu lassen. Ich weiß aber, daß man es in Deutschland nicht so leicht mit Familienfilmen hat. Es würde mich freuen, wenn er ankommt, aber ich denke nicht gleich an die Zuschauerzahlen.

BF: Sie hatten nach der Oscar-Nominierung ein Angebot von Miramax.

CL: Ja, aber es hat mich nicht so angetörnt, daß ich das Gefühl hatte, ich muß unbedingt nach Amerika. Ich hatte nicht das Gefühl, daß ich mich den Vorgaben eines Studios so ausliefern möchte. Dazu war es mir dann doch nicht verlockend genug. Zumal ich die Filme, die ich in Zu-kunft machen möchte, auch in Deutschland machen kann. Ich bin kein Wolfgang Petersen oder Roland Emmerich, die bestimmte Budgets oder Studiobedingungen brauchen, um die Filme zu machen, von denen sie träumen. Die Filme, die ich machen möchte, die ich toll finde, kommen zum großen Teil aus Europa und sind auch oft kleine Filme mit Budgets, die ich auch in Deutschland zusammenkriegen kann. "Ich will in meiner Sprache arbeiten"

BF: Gab es auch Angebote aus anderen Ländern?

CL: Es gab Angebote aus dem europäischen Ausland, aber ich will in meiner Sprache arbeiten und Filme machen, die irgendwo Zuhause sind. Wenn ein Film, wie mein nächstes Projekt, in Afrika spielt, dann drehe ich auch gern in einem anderen Land oder auch auf Englisch, aber das muß einen guten Grund haben.

BF: Worum geht es in Ihrem neuen Projekt?

CL: Ich drehe für die MTM einen Film nach dem Roman "Nirgendwo in Afrika" von Stefanie Zweig. Das ist eine sehr ungewöhnliche Geschichte über Heimat und was es heißt, vertrieben zu werden. Es geht um eine jüdische Familie, die 1938 vor den Nazis flüchtet und nach Kenia emigriert. Das Drehbuch wird gerade erst von Rolf Basedow geschrieben. Es soll kein Filmim Stil von "Jenseits von Afrika" werden, sondern zum Teil fast dokumentarisch in die Welt der Afrikaner eindringen. Das wird kein Kostümschinken.

Regisseurin Caroline Link zu 'Pünktchen und Anton'