Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: "Tatsächlich... Liebe" ist Ihr Regiedebüt. Waren Sie mit den Verfilmungen Ihrer Drehbücher wie "[Vier Hochzeiten und ein Todesfall](/movie/vier-hochzeiten-und-ein-todesfall)" oder "[Notting Hill](/movie/notting-hill)" unzufrieden?

Richard Curtis: Ich hatte das Glück, dass ich bei allen meinen Filmen jede Minute am Set und sogar noch im Schneideraum mit dabei war. So gesehen war Regie der nächste logische Schritt. Außerdem dachte ich, je mehr ich mich bei Filmen einmische, desto größer ist die Gefahr, dass mich einmal ein Regisseur umbringt.

BF: Sehen Sie sich als Autor, der bei seinen eigenen Büchern Regie führt, oder als Regisseur, der seine eigenen Skripts schreibt?

RC: Eindeutig als das Erstgenannte. Ich habe von meinen bisherigen Regisseuren viele wertvolle Hinweise bekommen und habe versucht, sie in die Praxis umzusetzen. Leider hatte ich als Regiedebütant mit einem Autor zu tun, der mir ein so kompliziertes Skript schrieb.

BF: Weniger als neun Handlungsstränge taten es nicht?

RC: Ich wollte nicht die nächsten 30 Jahre damit verbringen, romantische Komödien zu schreiben. Ich bin jetzt 47, da hat man auch Lust auf andere Stoffe. Gleichzeitig hatte ich alle möglichen Komödienideen, die rausmussten. Anstatt also alle paar Jahre eine davon zu verfilmen, habe ich alle in eine Produktion gepackt. Außerdem bewundere ich so kompliziert aufgebaute Filme wie "[Nashville](/movie/nashville)". Ich wünschte, ich könnte so etwas zuwege bringen.

BF: Welcher dieser Handlungsstränge war am schwierigsten zu knacken?

RC: Die ernsteren. Die Geschichten mit [Laura Linney](/person/laura-linney) und dem Ehepaar [Alan Rickman](/person/alan-rickman)/[Emma Thompson](/person/emma-thompson). Mit dieser Tonalität habe ich noch nicht genügend Übung. Das große romantische Ende der [Colin Firth](/person/colin-firth)-Handlung war dagegen relativ einfach. Solche Höhepunkte sind für mich genauso natürlich wie für [Quentin Tarantino](/person/quentin-tarantino) die Kampfszenen.

"Die Orientierung am Publikum ist wichtig"

BF: Auch wenn Sie mit ernsten Stoffen liebäugeln, noch haben Sie das Monopol über die britischen Komödienhits.

RC: Was ich sagen kann, ist, dass ich nur über Dinge schreibe, die ich kenne, also über eine bestimme soziale Schicht und einen Teil Londons. Mein Ziel war es, als Autor bei diesen Stoffen immer besser zu werden. Das ist einerseits nicht besonders einfallsreich, aber andererseits sehr sinnvoll. Häufig werden Autoren mit einem Stoff bekannt und auf einmal arbeiten sie für Hollywood oder sie schreiben über Themen, die ihnen fremd sind. Und ihre Karriere gerät ins Trudeln.

BF: Haben Sie nicht auch Angebote aus Hollywood?

RC: Es gibt nur sehr wenige. Man weiß, dass ich vertraglich an Working Title gebunden bin. Wenn die Probleme mit einem Drehbuch haben und ich für eine Woche verfüg-bar bin, helfe ich aus. Außerdem schulde ich ihnen noch ein Skript. Es fällt mir sehr leicht, solche Angebote abzulehnen. Ich brauche für meine eigenen Filme so lange, und während ich daran arbeite, habe ich schon eine neue Idee.

BF: "Tatsächlich Liebe" wurde von Universal finanziert. Nahm man dort Einfluss auf den Film?

RC: Working Title und ich haben eine sehr starke Verhandlungsposition. So konnten wir genau den Film machen, den wir machen wollten. Beispielsweise hätte Universal gern den Handlungsstrang mit dem nackten Paar herausgeschnitten. Bei jeder Testvorführung in den USA sagten etwa 35 Leute, dass sie diese Szenen gehasst hätten. Aber wir ließen sie drin.

BF: Glauben Sie an Testvorführungen?

RC: Ich halte sie für sehr sinn-voll. Ich bin es vom Beginn meiner Karriere an gewohnt, mich am Publikum zu orientieren. Ich habe angefangen, Sketche für die Bühne zu schreiben. Und die Parts, bei denen das Publikum nicht gelacht hat, wurden gestrichen. Bei Serien wie "Black Adder" war es nicht anders.

BF: Ist Filmregie zu führen einfacher als zu schreiben?

RC: Es gab zwei Situationen beim Regieführen, in denen ich mich an meinen Schreibtisch zurückgewünscht hätte. Abgesehen einmal von der physischen Anstrengung. Das Erste ist der Zeitdruck. Beim Schreiben können Probleme auch am nächsten Tag gelöst werden. Bei der Regie hat man zum Beispiel nur einen Tag in Heathrow, und man muss seine Sachen hinbekommen. Das Zweite ist die Postproduktion: Man versucht den Film beim Dreh optimal zu belichten, trotzdem legt man das Material noch ins Entwicklungsbad. Schließlich betet man, dass die Farben richtig herauskommen.

Regisseur Richard Curtis über "Tatsächlich... Liebe"