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Kino

Blickpunkt:Film: Nach dem Männerfilm "[Die Musterknaben](/movie/die-musterknaben)" kommt jetzt der Frauenfilm "Mondscheintarif"?


Ralf Huettner: Ich habe eine lange Kinopause gemacht und musste mir überlegen, mit was ich wieder ins Geschäft einsteige. Eine Frauengeschichte zu erzählen, war schon reizvoll.


BF: Inwieweit haben Sie die Buchvorlage geändert?


RH: Wir haben einige neue Personen eingefügt und mussten auch dramaturgische Brücken und Pfeiler einziehen, damit das Ganze auch trägt.


BF: Wieso dieses pseudodokumentarische Hineinsprechen in die Kamera der weiblichen Hauptfigur?


RH: Wir haben alles doppelt gedreht, weil wir nicht wussten, ob dieser dokumentarische Effekt funktioniert oder nur tierisch nervt. Dann stellten wir fest, dass es einfach spannend ist, ihr zuzugucken. Es bedarf am Anfang vielleicht einiger Gewöhnung. Nach und nach sieht man sie als eine gute Bekannte und freut sich, ihr Gast zu sein - quasi im Wohnzimmer - und taucht ganz allmählich in ihre Gefühlswelt ein.


BF: "[Voll normaaal!](/movie/tom-gerhardt-voll-normaaal)", "[Der kalte Finger](/movie/der-kalte-finger)", "Die Musterknaben" - Filme, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Wie würden Sie Ihren Stil bezeichnen?


RH: Jeder Film erfordert einen anderen Stil. Es gefällt mir, Haken zu schlagen und zu überraschen. Die Lust, eine Geschichte von einer ganz anderen Seite zu entdecken, die Frische, etwas Neues anzugehen, will ich mir bewahren. Ich halte wenig davon, wenn jetzt die Kamera modisch wackelt, und man nennt das Resultat dann Schauspielerfilm oder behauptet, das diene der Authentizität. Das ist kompletter Humbug. Wir haben genau das Gegenteil gemacht, die Kamera hingestellt und geguckt, was passiert.


"Wir haben alles doppelt gedreht"


BF: Warum drehen Sie so wenig Kinofilme?


RH: Nach "Die Musterknaben" war ich schon etwas frustriert von der deutschen Kinolandschaft, verlor die Lust. Wenn die Leute einen Film mögen und trotzdem geht keiner rein, tut das weh. Ich habe die Gelegenheit genutzt, Werbung zu machen. Manchmal benötige ich auch eine Pause, um den Akku aufzuladen und in Ruhe zu schauen, was die anderen so machen. Kinofilme verschlingen sehr viel Kraft.


BF: Schon vor Drehbeginn fiel die Entscheidung, das Material zu digitalisieren.


RH: Das eröffnete uns zusätzliche Möglichkeiten, nicht nur bei den Actionszenen, sondern auch bei Farbgebung, Beleuchtung und Tempo des Films.


BF: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Hager Moss?


RH: Wir kannten uns schon, weil ich bei "St. Pauli Nacht" im Gespräch war. Hager Moss bot mir den Stoff an. Am Anfang waren wir alle sehr nervös, dann haben wir uns zusammengerauft. Es war ein harter Prozess, sich zu finden, aber eine gute Zusammenarbeit, die auch weitergehen soll. Nach "Musterknaben 3" für das Fernsehen planen wir die Verfilmung von Karin Duves "Regenroman".


BF: Ist es für Sie ein Unterschied, für das Fernsehen oder für das Kino zu arbeiten?


RH: Die Denkungsweise unterscheidet sich grundlegend. Fernsehen ist ein interessantes Medium, aber die Leinwand bietet einfach ein 100 Mal größeres Bild und da muss man auch 100 Mal mehr nachdenken, was man macht. Kino bedeutet intensiveres Erleben, allerdings auch größere Konkurrenz, und den Kinozuschauer halte ich für gnadenloser.


"Kino bedeutet intensiveres Erleben"


BF: Besonders beim deutschen Film. Wir freuen uns schon über 13 Prozent Marktanteil.


RH: Den finde ich o.k. Viel trauriger finde ich den Mangel an Kontinuität. Es gibt kaum einen Regisseur, der einen Film nach dem anderen drehen kann. Da blitzt mal ein Talent auf und verschwindet wieder ganz schnell. Es fehlt ein Motor.


BF: Woran liegt das?


RH: Da könnten wir stundenlang diskutieren. Es liegt an der Filmkritik, an der Art und Weise, wie wir uns selbst behandeln, an der Präsentation. Ich empfinde es als ungerecht, wie der deutsche Film im Ausland behandelt wird. Wir müssen uns nicht verstecken, dazu besteht überhaupt kein Grund. Dass wir auch ästhetisch neue Wege gehen und es nicht mehr nur danach geht, dass der Inhalt stimmt, diesen Kurswechsel hat niemand im Ausland mitgemacht.

Regisseur Ralf Huettner zu "Mondscheintarif"