Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie sind Sie zu diesem Projekt gekommen?

Brad Silberling: Mein Agent schickte mir das Drehbuch, ich war fasziniert und habe mich bei Dawn Steel um die Regie beworben. Sie war zunächst äußerst skeptisch, weil ich ja nur "Casper" gemacht hatte. Aber sie erzählte mir auch, daß bereits mehrere arrivierte Regisseure abgelehnt hatten, weil ihnen dieses Remake zu heikel war. Ich hatte weniger zu verlieren, höchstens eine Karriere, die noch gar nicht so richtig angefangen hatte.

BF: Warum wollten Sie unbedingt dieses Remake machen?

BS: Ich mag den Film von Wenders sehr und wollte herausfinden, ob es möglich wäre, den üblichen Hollywood-Zynismus der puren Kommerzentscheidung für ein Remake zu unterwandern. Ich fand heraus, daß Dawn Steel bei all ihrer Kommerzialität jetzt an einem Punkt angekommen war, an dem sie auf ihre Filme stolz sein, größere Fragen über das Leben stellen wollte. Damals wußte sie noch nichts von ihrer tödlichen Krankheit. Acht Jahre lang hatte sie immer wieder Drehbuchversionen verworfen, neue Autoren beauftragt, bis sie von Dana Stevens ein Skript bekam, das wirklich etwas mit dem Geist von Wims Film zu tun hatte.

BF: Wurde Wenders in diese Vorbereitung einbezogen?

BS: Das passierte erst, als ich mit der Arbeit am Film begann. Dawn Steel hatte seinerzeit die Rechte am Stoff erworben, aber Wim nie getroffen. Ich fand das beschämend und schickte ihm ein Drehbuch. Er sollte das Gefühl haben, ein Teil von unserem Film zu sein. Ihm gefiel es, und witzigerweise fand er darin einiges, was er ursprünglich in seinem Film auch machen wollte. So sollte die weibliche Hauptfigur auch eine Ärztin sein: Wims Vater war Chirurg, aber er hatte damals nicht genug Budget, um in einem Krankenhaus zu drehen. Ich fand das interessant, aber für Wim war diese Parallele eher unheimlich.

BF: Sie hatten mit dem Budget natürlich keine Probleme?

BS: Nein. Wir hatten ungefähr 50 Millionen Dollar, von denen 30 Millionen Gagen ausmachten. Die wirklichen Kosten für den Dreh betrugen etwa 19 Millionen. Insgesamt hatten wir 62 Drehtage - etwas, um das Wim uns auch beneidet hat. Mit einem Lächeln sagte er: Ich hatte 28. Mir liegt eine kurze Drehzeit sehr, ich habe von meiner TV-Arbeit darin auch Training. Das schnellere Arbeiten ist aufregender, kreativer. Zufälle werden wichtig, Notwendigkeiten aktivieren den Erfindungsgeist.

BF: Ist die Besetzung auch Ihre persönliche Wahl?

BS: Absolut. Meg Ryan war von Anfang an klar, und Nicolas Cage wollte ich unbedingt haben, weil ich für die Rolle des Engels so eine Art Stummfilmstar brauchte, jemanden, der sich ohne Dialog mitteilen kann und überzeugend anders ist. Der Vertrag mit Cage war ein Catch 22 - nachdem wir uns getroffen hatten, flog er direkt zu den Dreharbeiten von "Con Air" und machte im Anschluß daran gleich "Im Körper des Feindes". Wir mußten auf ihn fast zwei Jahre warten.

BF: Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Entdecker Steven Spielberg?

BS: Daß ich meine erste Kinochance von Steven Spielberg bekam, ist mir bis heute irgendwie unerklärlich. Ich machte TV-Serien, inszenierte Folgen von "N.Y.P.D. Blue" und "L.A. Law". Als wieder mal "E.T." im Fernsehen war, lief danach etwas von mir, Spielberg sah es, ich bekam einen Anruf und traf mich mit ihm. Ganz pragmatisch erklärte er, er habe schließlich auch beim Fernsehen angefangen, hätte gesehen, daß ich Regie führen könne und möchte gern meinen ersten Kinofilm produzieren. Das war ausgerechnet "Casper" - ich hatte weder Zeichentrick- noch Effekt-Erfahrungen, es erschien mir absurd. Aber Steven sagte nur: "Mach's einfach, den Rest lernst du." Genauso war es, zwei Jahre bestes Filmemacher-Training. Und der Kontakt ist nie abgerissen. Mein nächstes Projekt wird bei Dreamworks produziert.

BF: Ein Actionfilm?

BS: Nein, das absolute Gegenteil. Eine sehr intime Geschichte, die ich auch schon vor "Stadt der Engel" geschrieben hatte mit einer Rolle für Susan Sarandon. Ich hoffe, sie wird sie annehmen. Im Mittelpunkt des Films stehen zwei Paare, eines in den Fünfzigern, das andere Ende 20. "Babies in Black" ist der Titel dieser sehr spezifischen Liebesgeschichte, die viel mit meinem eigenen Leben zu tun hat. Das Budget ist so auf 15 bis 18 Mio. Dollar veranschlagt. Dreamworks ist begeistert, weil dies endlich die Art Film ist, die sie bei Gründung der Firma machen wollten. Schließlich sind sie angetreten mit der Perspektive, anderes Kino zu bringen. Mit "Babies in Black" habe ich jetzt die Chance. Spielberg hat mir totale Freiheit zugesichert, so daß ich mich ein bißchen wie ein Independent fühlen kann. Es wird mein persönlichster Film werden.

Regisseur Brad Silberling zu 'Stadt der Engel'