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Kino

Blickpunkt:Film: "Kalt ist der Abendhauch" ist in allen Belangen anders als Ihr vorangegangener Film "[Long Hello and Short Goodbye](/movie/long-hello-and-short-goodbye)". Absicht?

Rainer Kaufmann: Gar nicht mal. Es war reine Notwendigkeit. Nach einem so extremen Film wie "Long Hello" muss man etwas anderes machen, sonst verliert man den Boden unter den Füßen. Ich brauche Unterschiede zwischen den Filmen, die ich mache, sehe das allerdings nicht als Konzept. Neue Ansätze und Herausforderungen empfinde ich vielmehr als Ansporn.

BF: "Abendhauch" kommt nur ein Jahr nach "Long Hello" in die Kinos. Wann begannen Sie mit der Arbeit?

RK: Als "Long Hello" in die Kinos kam, hatte ich "Abendhauch" bereits besetzt. Günter Rohrbach und ich haben während des Drehs von "Die Apothekerin" erstmals über "Kalt ist der Abendhauch" geredet. Wir hatten zunächst Vorbehalte wegen des zu erwartenden Aufwands und der damit verbundenen Kosten. Aber Rohrbach ließ nicht locker und sprach mich wieder an, er hätte eine Idee, wie man die Geschichte doch meistern könnte.

BF: Viele deutsche Filme haben sich bereits mit den Vorkriegsjahren auseinander gesetzt. Wie findet man einen neuen filmischen Ansatz für diese Zeit?

RK: Ich habe mein Team ermutigt, Zeitdokumente zu studieren, damit wir uns bei der Arbeit von vorgefertigten Bildern frei machen konnten. Wichtig war mir vor allem die Überlegung, wer diese Leute sind, woher sie kommen. Mir war es wichtig, ein etwas frischeres Bild der Ära zu zeichnen. Ich überlegte mir, wie es wohl aussehen würde, wenn wir den Film in der damaligen Zeit drehen würden, welchen Stil unsere Bilder dann hätten. So findet der Film zwangsläufig eine eigene Identität, ohne dass man sich gezielt von anderen Produktionen absetzt.

BF: "Kalt ist der Abendhauch" ist klassisches Erzählkino. Dennoch gelingt es Ihnen immer wieder, die Konventionen mit ungewöhnlichen Details zu brechen.

RK: Dahinter steckt meine Absicht, einen Film über eine vergangene Zeit zu machen, der dennoch modern und sexy sein sollte. Dass wir dieses Ziel erreichen konnten, ist dem hervorragenden Team zu verdanken, mit dem ich auf einer sehr hohen Ebene arbeite, das meine Absichten versteht - und umsetzen kann.

BF: Haben Sie [Fritzi Haberlandt](/person/fritzi-haberlandt) auch deswegen besetzt, weil man einem neuen Gesicht unbefangener durch eine Geschichte folgt?

RK: Es war eine mutige Entscheidung von Verleih und Produktion, meiner Bitte um die Besetzung von Fritzi Haberlandt nachzukommen. Sie ist die Hauptfigur eines teuren Films, und niemand kennt sie. Man muss sie spielen sehen, um zu begreifen, welcher Zauber von ihr ausgeht. Dann lernt man sie auch lieben. Es zeugt von großem Vertrauen in meine Arbeit, dass man nicht auf einem bekannten Gesicht beharrte.

BF: War es wichtig für Sie, dass "Kalt ist der Abendhauch" so kurz nach "Long Hello and Short Goodbye" kam, dessen Rezeption sicherlich keine glückliche Erfahrung für Sie war?

RK: Dass der Film einfach von niemandem gesehen werden wollte, auch schon am ersten Wochenende, war bitter. Wenn der Film nach einem soliden Wochenende schnell abgebaut hätte, dann kann man sagen, man hat etwas falsch gemacht, weil er nicht gemocht wird. So aber hat ihn gar nicht erst jemand gesehen. Da ist man froh, wenn man sich mit Arbeit ablenken kann. Ich mag "Long Hello" und "Abendhauch" und bin stolz darauf, beide Filme in allen Aspekten der Herstellung - Entwicklung, Besetzung, Look, Dreh, Schnitt, Musik - bis zu ihrem Finish voran getrieben zu haben.

BF: Welche Lehren ziehen Sie aus der Erfahrung mit "Long Hello"?

RK: Schwer zu sagen, denn ich habe eine große Zufriedenheit mit dem Film, neben der kritischen Anmerkung, dass das Drehbuch noch verrückter, ideenreicher und verdrehter hätte sein müssen. Ich möchte den Film nicht missen, denn ohne ihn hätte es "Abendhauch" in dieser Form auch nie gegeben. Ich konnte viele Dinge ausprobieren, habe Neues gelernt und mit einem gewissen filmischen Gebiet abgeschlossen, womit sich mir Neuland eröffnete.

BF: Sie arbeiten zum zweiten Mal mit Günter Rohrbach - und das, obwohl während des Drehs von "Die Apothekerin" nicht immer alles rund gelaufen sein soll.

RK: "Kalt ist der Abendhauch" ist der Film, der Günter Rohrbach sicherlich viel näher liegt. Bei "Die Apothekerin" machte ihn die Tatsache, dass es essenziell um eine abstrakte Figur ging, nervös. Während der Arbeit an "Die Apothekerin" ist dann aber genau das Vertrauen entstanden, das wir beide brauchten, um "Abendhauch" zu machen. Mich ehrt es sehr, dass ihm der Film so gut gefällt, weil ich weiß, wie sehr er ihm am Herzen liegt.

BF: Arbeiten Sie bereits an einem neuen Film?

RK: Ich will das Leben Lotte Lenyas verfilmen. Das ist aber nicht so leicht zu finanzieren in Zeiten, in denen es gewisse Vorbehalte über die Verfilmung des Lebens deutscher, weiblicher Stars gibt.

Rainer Kaufmann zu "Kalt ist der Abendhauch"