Blickpunkt:Film

Kino

Zum Jahreswechsel haben wir Produzenten und Produzentinnen aus Österreich gebeten, uns ihre Einschätzungen zu den Geschehnissen des vergangenen Jahres zu teilen und uns einen Ausblick auf die Entwicklungen des kommenden Jahres zu geben. Hier lesen Sie die Einblicke von [Paul Poet](/person/paul-poet), Vorstandsmitglied im [Verband Filmregie Österreich](/company/verband-filmregie-oesterreich).

**Welche Entwicklungen in der österreichischen Filmbranche waren für Sie besonders prägend? Was lief besonders gut, und welche Herausforderungen mussten gemeistert werden?**

Passend zum bedenklichen Gesamtzustand der Welt, stehen die Zeichen auch im österreichischen Film, sonst eine ungebrochen starke Marke, ganz fett auf Krise. In Deutschland geht die Kulturbranche ja bereits im Protest auf die Straße. In Österreich regieren derweil noch Empörung, Resignation und Entsolidarisierung. Einer der vielen Gründe: Der selektive Fördertopf des Filminstitutes ÖFI. Kern der festivalrelevanten Arthouse-Produktion, wurde seit über einem Jahrzehnt nicht aufgestockt, das trotz starker Inflation und obwohl die Branche in dieser Zeit massiv angewachsen ist. Das wirtschaftsliberale ÖFI+ System funktioniert dagegen, nährt aber primär ausländische Produktionen und erzeugt ein Zwei Klassen System unter den Filmschaffenden, wobei nun auch die Besserverdiener durch die wegbröselnden Streamer absteigen. Mit [Lisa Olah](/person/lisa-olah_4) hat eine der führenden Casterinnen des Landes jüngst die Kinobranche verlassen, weil sie sich das Leben davon nicht mehr leisten kann. In einer beispiellosen Aktion hat nun auch der VÖFS, der Verband der Schauspieler:innen, den Dachverband der Filmschaffenden aus nichtigen Gründen und diskussionslos verlassen, weil man sich „nicht mehr vertreten fühlt“. Der Kahlschlag durch KI wird bereits im Bereich Drehbuch und bei den Sprechern spürbar.

**Welche Trends und Themen sehen Sie im kommenden Jahr als entscheidend für die Branche an? Welche Prioritäten setzen Sie in Ihrem Unternehmen/bei Ihren Projekten, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen?**

Es besteht dringender Handlungsbedarf. Es besteht dringender Bedarf nach Händereichen und gemeinsamer filmpolitischer Aktion. Aktuellen
Prognosen zufolge könnte in den kommenden Jahren ein ganzes Drittel der Branche wegbrechen, aus Mangel an Systemstruktur, wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, kulturpolitischer Würdigung, aus Mangel an Projekten und Geld. Wir vom Verband Filmregie hoffen dafür die richtige Mittlerrolle einnehmen und positive Signale setzen zu können. Nicht zuletzt kamen ja die nennenswertesten weltweiten Kinoerfolge Österreichs aus unseren Reihen, allen voran [„Des Teufels Bad“](/movie/des-teufels-bad) von [Veronika Franz](/person/veronika-franz) und [Severin Fiala](/person/severin-fiala), aber auch [„Mond“](https://www.blickpunktfilm.de/movie/mond) von[ Kurdwin Ayub ](/person/kurdwin-ayub)und [„The Village next to Paradise“](/movie/the-village-next-to-paradise) von [Mo Harawe](/person/mo-harawe). Insofern dienen wir hoffentlich als Sprachrohr, das auch wirklich innerhalb wie außerhalb der Landesgrenzen warnend gehört wird. Eine wachsende neue Kulturfeindlichkeit, vor allem seitens nachwachsender politischer Kräfte, gestaltet die Branchensicherheit zunehmend prekär. Insofern wird es mehr als Zeit für den Film, wieder festen Boden unter dem wegbrechenden Eis zu finden.


Paul Poet: „Es besteht dringender Handlungsbedarf“