Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie ist es, nach so kurzer Zeit ein Remake des eigenen Films zu realisieren?

Ole Bornedal: Es war schon etwas eigenartig, aber eine gute Gelegenheit, mich dem amerikanischen Filmbusineß zu nähern. Ich erhielt nach "Nightwatch" sehr viele Drehbücher, eines schlimmer als das andere, und wollte nicht den Fehler vieler europäischer Regisseure wiederholen, nach Hollywood zu gehen und einen schlechten Film zu drehen. Das Angebot von Miramax konnte ich nicht ausschlagen, zumal ich mit Steven Soderbergh einen guten amerikanischen Drehbuchautoren an meiner Seite wußte.

BF: Wie waren Ihre Erfahrungen mit Miramax?

OB: Die Dreharbeiten verliefen wie in Europa, die Zusammenarbeit mit den Schauspielern war gut, die Produzenten investierten 15 Millionen Dollar und ließen mich in Ruhe. Der Streß kam in der Postproduktion und Verleihphase. Das Startdatum wurde ständig verschoben. Plötzlich sollte ein Teil der Musik geändert werden, und es gab nur ein konfuses Marketingkonzept. Wirklich furchtbar waren aber meine Erfahrungen bei "Mimic": Erst warfen die Weinstein-Brüder meinen Kameramann Dan Laustsen raus, dann rief mich Bob Weinstein an und sagte, er hätte auch Regisseur Guillermo del Toro gefeuert, ich solle Regie führen. Ich fand, es sei ein Fehler, so einen wunderbaren Typen vor die Tür zu setzen, und er wurde wieder eingestellt.

BF: Wie das?

OB: Stellen Sie sich 200 Leute bei Null Grad in Toronto vor, die nur herumschreien, darunter verrückte Schauspieler, wahnsinnige Produzenten und ich dazwischen als Creative Producer, der einige Szenen neu entwickeln und zwischen Weinstein und Del Toro vermitteln sollte. Ich war Weinsteins rechte Hand - das sollte man nie werden. Es ist gefährlich, Tough Shit. Was ich da über die Amerikaner gelernt habe, werde ich so schnell nicht vergessen. Miramax ist eine interessante und sehr erfolgreiche Produktionsfirma, aber Bob und Harvey Weinstein sind völlig verrückte Typen. Für zwei weitere von der Sorte ist kein Platz mehr auf der Welt.

BF: Würden Sie noch einmal mit Miramax arbeiten?

OB: Ich habe eigentlich die Nase voll. Aber wenn sie mit einem interessanten Projekt und guten Manieren kämen, wer weiß? Es ist ein Faust-Deal, den man mit den Weinsteins macht. Man verkauft seine Seele.

BF: Wieso fehlen im Remake die offensiven Sexszenen und der Hauch von Blasphemie aus dem Original?

OB: Wir haben fast all diese Szenen gedreht, aber nach Testvorführungen wieder herausgeschnitten.Ich liebe die Amerikaner, könnte auch in den USA leben, aber es ist das prüdeste Volk, das auf der Erde herumläuft und sehr konservativ, wenn es um Kunst geht. Das religiöse Thema des Films verstanden sie überhaupt nicht, sie reagierten beleidigt. Sie können sich auch nicht vorstellen, daß eine junge, hübsche Frau Theologie studiert. Wenn man ein Kult-Movie machen will, ist alles erlaubt. Aber Miramax ging von der irrigen Annahme aus, einen Hit fürs Boxoffice zu produzieren, da muß man Konzessionen machen. Die amerikanischen Zuschauer kapieren weder die Freiheit der Interpretation noch die Ironie, sie möchten gefüttert werden. Europäer wollen selbst etwas entdecken. In den USA muß man fertige Häppchen servieren.

BF: Welche Art von Filmen möchten Sie drehen?

OB: Ich bin nicht auf dieses Genre fixiert, "Nightwatch" und "Freeze" zeigen nur einen Teil meines Könnens, sie sind handwerklich gut und meine Eintrittskarte. Ich will Geschichten erzählen, die ins Herz treffen, Filme machen, die nicht nur zwei Stunden unterhalten, sondern in ihrer Wirkung über den Tag hinaus gehen. Es ist mir egal, ob ich einen Film in Europa, Amerika oder sonstwo inszeniere, ob er fünf oder 20 Millionen Dollar kostet. Es kommt auf den Stoff an.

BF: Was ist Ihr nächstes Projekt?

OB: "The Lady and the Thief", ein Roadmovie von London nach Südfrankreich, eine außergewöhnlich Liebesgeschichte zwischen einem 22jährigen und einer reifen Frau. Der junge Typ bricht in das Haus einer 54jährigen Aristokratin ein und rettet ihr dadurch das Leben, weil sie gerade Selbstmord begehen will. Seit Fassbinders "Angst essen Seele auf" habe ich keine so unmögliche Beziehung mehr auf der Leinwand gesehen. Diese dänisch-britisch-deutsche Coproduktion soll etwa zehn Mio. Dollar kosten. Der Dreh ist für das Frühjahr 1999 geplant.

Ole Bornedal zu 'Freeze - Alptraum Nachtwache'