Blickpunkt:Film

Kino

Ein ungeheures Tempo legte die [BKM](/company/dieder-beauftragte-der-bundesregierung-fuer-kultur-und-medien) in den Wochen zwischen dem Zerbrechen der Ampel und der Wahl vor, um von dem von [Claudia Roth](/person/claudia-roth_9) im Februar 2024 angekündigten dreistufigen Filmförderreformmodell zu retten, was zu retten ist. Das FFG schaffte es durch den Bundestag. Auch wenn der geplante Diversitätsbeirat in der letzten Runde der Beratungen gestrichen wurde, lässt sich die Branche nicht beirren, die gesellschaftliche Realität abzubilden, wie Peter Dinges verspricht.

Der FFA werden in diesem Jahr rund 10% Mittel weniger zur Verfügung stehen. Die Erhöhung der Kinoabgabe gleicht die Verluste durch die Ersetzungsbefugnis von 15% für Sender und Streamer nicht aus, so [Peter Dinges](/person/peter-dinges). Deshalb wird der angestrebte Wert von einem Euro je Referenzpunkt nicht erreicht. Für die Produktion wird er zwischen 85 und 95 Cent wert sein, beim Verleih sind es ca. 85 Cent. Falls der Übergangstopf in Höhe von fünf Millionen Euro beschlossen wird, sinkt der Satz auf rund 75 bzw. 60 bis 70 Cent.

Damit die Förderung nach den neuen Regeln starten kann, wurden bei der FFA bereits die sechs Förderjurys gebildet. Im Mai wird es die erste Fördersitzung geben.
Bei den Richtlinien von DFFF1, DFFF2 und GMPF wurde zweifach nachgebessert. In den drei Fördertöpfen können die Unternehmen seit 1. Februar mit 30 % Unterstützung auf die anrechenbaren deutschen Kosten rechnen. Die Kappungsgrenzen werden, vorausgesetzt die EU stimmt zu, erhöht. Sie steigt beim DFFF1 von vier auf fünf Millionen Euro je Projekt. Auf die gleiche Summe erhöht sich die Kappungsgrenze für Filme, die über den GMPF gefördert werden. Das betrifft Produktionen mit Gesamtherstellungskosten von mindestens 25 Millionen Euro. Bei der Förderung von fiktionalen High End-Serien mit mindestens 240 Minuten und Mindestherstellungskosten von 30.000 Euro pro Minute durch den GMPF werden sich die Zuschüsse von zehn auf bis 20 Millionen Euro verdoppeln.

Dass es beim DFFF2 bei der Kappung bei 25 Millionen bleibt, ist eine Enttäuschung für das Studio Babelsberg und andere Player. Angesichts der vorläufigen Haushaltsführung konnten BKM und Finanzministerium kaum anders entscheiden. Da die Grenzen zwischen den drei Fördersäulen fließend sind, hätte bei der Förderung mehrerer hochbudgetierter Filme die Gefahr bestanden, dass die Gelder aus dem DFFF2 ausgeschöpft gewesen wären. Dann wären finanzielle Mittel aus den anderen Etats geflossen So bleibt der DFFF2 wohl zunächst als Puffer erhalten, damit die Produzentinnen und Produzenten originär deutscher Stoffe ruhiger schlafen können. Wenn der DFFF1 ausgeschöpft ist, kann auf Mittel aus dem DFFF2 zurückgegriffen werden.

Doch die angehobenen Kappungsgrenzen reichen im internationalen Vergleich nicht, nur mit einem Steueranreizmodell wird Deutschland wieder ein attraktiver Produktionsstandort. Österreich macht es gerade erfolgreich vor. 1,3 Mrd. Euro an Produktionsvolumen wurde durch die Förderung in den vergangenen beiden Jahren generiert, 4000 Drehtage zählte das Land, die Wertschöpfung lag bei rund einer halben Milliarde Euro. Auch wenn das ÖFI im Moment keine Anträge entgegennehmen kann, da das Land keinen Haushalt hat, rechnet nach Einschätzung von Produzent Danny Krausz keiner in der dortigen Branche damit, dass das Erfolgsmodell eingestampft oder die Summe gedeckelt wird wie in Deutschland.

Nicht nur im Vergleich mit dem Alpenland hat Deutschland verloren, das belegen Zahlen von Goldmedia für die Jahre 2015 bis 2023. Während die staatliche Fördersumme in Deutschland relativ konstant blieb, erkannten andere Länder das Potenzial der Filmwirtschaft. Der Trend hält an. Zum Jahresbeginn erhöhte die tschechische Regierung die Rate für die Steuererleichterungen auf 25 %. Für Animationsproduktionen können sogar 35 % der Kosten erlassen werden.

Die Entwicklung im europäischen Markt läuft nach Einschätzung von Goldmedia in zwei Richtungen. Der Serienboom hat seinen Höhepunkt erreicht und vielleicht sogar überschritten. Die Produktion von TV/VoD-Produktionen in Europa ging 2023 gegenüber dem Vorjahr leicht von 875 auf 855 zurück. Die Zahl der in Koproduktion entstandenen Serien und TV-Filme mehrerer Länder erreichte 2018 einen Peak mit 144 Serien oder Filmen, 2022 waren es nur noch 110. Firmen aus GB sind unangefochten die gefragtesten Partner, dann folgen Unternehmen aus Spanien, Frankreich und Deutschland.

Etwas besser sieht es für die hiesige Branche aus, wenn der Gesamtmarkt einschließlich Film betrachtet wird. Nach Frankreich hat Deutschland die zweithöchste Zahl an weltweiten Koproduktionen. Die Franzosen sind allerdings bei knapp 80% der Titel der majoritäre Partner, während sich hier die Zahl der minoritären und majoritären Koproduktionen die Waage hält. Doch die Kreativen kommen gerne zurück, wie [Pablo Larraín](/person/pablo-larrain) gerade anlässlich der Premiere von [„Maria“](/movie/maria_c) verriet. 

> »Die Zusammenarbeit mit Komplizen Film und die Unterstützung vom [Medienboard](/company/medienboard-berlin-brandenburg) und anderen deutschen Institutionen ist sehr fruchtbar. Wir wollen weiter zusammenarbeiten. Nicht nur Berlin ist ein großartiger Ort für das Kino und den Arthouse-Film. Nicht zuletzt gibt es hier tolle Crews, Techniker und eine hervorragende Infrastruktur.«

Die Gesamtzahl der europäischen Kinoproduktionen stieg im Untersuchungszeitraum, mit dem Ausreißer während der Coronapandemie, kontinuierlich an. Mehr als 3000 Filme wurden in Europa 2023 produziert. Zugleich klagen die Kinos europaweit, dass die Vorcoronazahlen noch nicht wieder erreicht wurden. Die Zahl der verkauften Tickets liegt bei ungefähr einem Drittel des Jahres 2019.

Hauptauftraggeber für Serien ist nach wie vor das Fernsehen, aber die Streamer holen kräftig auf. Wobei deutschen Produzenten sauer aufstößt, dass die Sender eigene Netzwerke im Ausland aufgebaut haben, um direkt mit dortigen Produzenten und Sendern zu arbeiten. Gebührengelder könnten so in Projekte fließen, bei denen die hiesige Wertschöpfung gering ist. Das [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen) hat sich bekanntlich mit den öffentlich-rechtlichen Sendern aus den fünf skandinavischen Ländern sowie aus Belgien und den Niederlanden zusammengeschlossen, um ab 2024 gemeinsam Serien zu produzieren. Für die ARD Degeto schließ [Thomas Schreiber](/person/thomas-schreiber) solch generelle Vereinbarung aus. Er setzt weiter auf die Entwicklung von Einzelprojekten.
Die Investitionsverpflichtung könnte dazu beitragen, dass die Sender und die Streamer das Geld in dem Land investieren, in dem die Zuschauer für die Dienste oder Gebühren bezahlen. Doch die Branche ist noch immer uneins, ob dieses Instrument gebraucht wird und wenn ja, in welcher Form. 

Wie geht es weiter nach der Wahl?