Blickpunkt:Film

Kino

Speziell an der Millenniumswende, als er mit Dauerpartnerin [Evelyn Hamann](/person/evelyn-hamann) als Paar der achtziger Jahre ausgezeichnet wurde, löste er Lachstürme aus, als seine Dankesrede zu einer Spitzenparodie auf Fernsehen, Video und DVD wurde und er die abendliche Freizeit als "häusliche Haftstrafe mit zwei Blickrichtungen: auf das eingeschaltete Fernsehgerät oder den Lebensgefährten" charakterisierte.

Wer geglaubt hatte, der damals 77-Jährige verschließe sich der Technik, musste sich mit Details über Samplerfrequenz und Bit-Rate eines Besseren belehren lassen. Loriot glänzte mit der satirischen Analyse der "sensationellen Erfindung" des VHS-Rekorders, durch die es möglich war, "die im Fernsehen durch die Machenschaften sadistischer Programmgestalter erst zu mitternächtlicher Stunde laufenden, hochqualifizierten Spielfilme auf menschliche Uhrzeit vorzuprogrammieren." Die "bereits fertige, besonders wertvoll bespielte VHS-Kassette zur mühelosen Gestaltung des kultivierten Fernsehabends" und ihre Ergänzung ("Das wird uns Ansporn sein, uns dem neuesten Medium nicht zu verschließen") durch die DVD-Scheibe wirkten stante pede: Auf der DVD-Edition ist Loriots Rede als Bonusmaterial in aeternam gespeichert.

Loriot zum Thema Video und DVD

Halten wir uns vor Augen, wie hilflos der Mensch noch vor wenigen Jahren vor einem Problem kapitulierte, das ihm teils das Gesetz, teils bürgerliches Brauchtum aufgebürdet hatte: die abendliche Freizeit. Diese nach getaner Arbeit einsetzende häusliche Haftstrafe erlaubte wahlweise zwei Blickrichtungen: auf das eingeschaltete Fernsehgerät oder den Lebensgefährten. Da beim Anblick des letzteren auf die Dauer eine gewisse Eintönigkeit nicht zu leugnen war, blieb nur das Fernsehprogramm, dessen zunehmender Qualitätsabfall die ratlosen Menschen scharenweise aus ihrer häuslichen Geborgenheit in die Kinos trieb. Dieser bedenkliche Zustand wurde vorübergehend durch eine sensationelle Erfindung abgefangen: Mit Hilfe eines sogenannten VHS-Rekorders und einer dazugehörigen Kassette war es möglich, die im Fernsehen durch die Machenschaften sadistischer Programmgestalter erst zu mitternächtlicher Stunde laufenden, hochqualifizierten Spielfilme auf menschliche Uhrzeit vorzuprogrammieren, also automatisch aufzunehmen und nach Belieben abzuspielen. Doch die Freude war kurz: denn zur Bedienung des Geräts bedurfte es - neben einem abgeschlossenen technischen Hochschulstudium - der Augen eines Falken zwecks Wahrnehmung winziger Ziffern und Schriftzeichen, ferner raschester Enträtselung sekundenlanger schwacher Lichtsignale und sensibelster Fingerkuppen zum Aufspüren unsichtbarer Drucktasten. Gewiss hat diese Eigenschaft jedes zehnjährigen Kind. Aber wer besitzt schon ein zehnjähriges Kind?

Aus dieser verzweifelten Situation befreite uns die bereits fertige, besonders wertvoll bespielte VHS-Kassette zur mühelosen Gestaltung eines kultivierten Fernsehabends, und damit zur Auffüllung eines Vakuums, das wir schaudernd als Freizeit bezeichnen. Dabei war es Evelyn Hamann und mir vergönnt, uns nützlich zu machen. So werden wir denn belohnt mit einem nackten Mann, der ohne erkennbare Einnahme von potenzsteigernden Drogen eine VHS-Kassette zur Hochstrecke bringt. Das wird uns Ansporn sein, uns dem neuesten Medium nicht länger zu verschließen: der DVD! Denn die DVD - oder kurz, die Digital Versitile Disc, wie sich die Scheibe scherzhaft nennt - hat im Bereich von MPEG-1- und MPEG-2-Audio eine Samplefrequenz von 48 Kilohertz, und die minimale Bitrate beider Systeme liegt bei 32 kbit/s. Das Maximum beträgt bei MPEG-1 384 kbit/s, bei MPEG-2 sogar 912. Wen das nicht überzeugt, dem ist nicht zu helfen. Jedenfalls hat das mein Enkel gesagt.

Loriot und die VideoWinner Awards