Blickpunkt:Film

Kino

[Maritza Grass](/person/maritza-grass) gehört zu einer neuen Generation von Produzent:innen, die die Gründung einer Firma, Kinder und das Filme produzieren unter einen Hut bekommen wollen. In Locarno geht das.

**Was gab den Ausschlag für Ihren Besuch von Locarno77 – womit hat Locarno gelockt?**

Locarno stand schon immer auf meiner Wunschliste. Ich bin froh, dass es im Rahmen von Match Me! nun endlich geklappt hat. Ein schöneres erstes Mal in [Locarno](/company/locarno-film-festival) hätte ich mir nicht wünschen können. Die Stadt atmet Kino – besonders spürbar wurde das auf der Piazza Grande, als ich mit tausenden Filmbegeisterten die Verleihung des Lifetime Achievement Award an [Alfonso Cuarón](/person/alfonso-cuaron) mitverfolgen konnte. Ein weiterer entscheidender Faktor war, dass wir derzeit einige Projekte in Entwicklung und Finanzierung haben, die einen starken lateinamerikanischen Bezug haben. Mit dem Fokus von Locarno Pro auf lateinamerikanische Stoffe war das sozusagen ein perfektes „Match“ und die ideale Plattform, um diese Projekte vorzustellen und potenzielle Koproduzent:innen und Vertriebspartner:innen zu finden.

**Sie waren als eine von drei deutschen Produzent:innen Teil von Match Me! Wie fällt Ihr Fazit aus?**

Match Me! war für mich eine absolut bereichernde Erfahrung. Die drei Tage waren intensiv und voller Meetings. Besonders beeindruckt hat mich die Offenheit und Bereitschaft zur Kollaboration unter den anderen Teilnehmenden und Branchenkolleg:innen. Insgesamt war das Programm eine äußerst wertvolle Erfahrung, gerade wenn man international arbeiten möchte, und ich gehe mit vielen neuen Kontakten nach Hause.

**Wie haben Sie das Festival als solches wahrgenommen?**

Durch die wunderschöne Natur, inmitten derer sich die Stadt befindet, die gelebte Leidenschaft für das Kino und die vielen Filmemacher:innen aus aller Welt entsteht eine ganz besondere Atmosphäre. Die Offenheit und Herzlichkeit der Menschen tragen maßgeblich zu dieser Stimmung bei. Besonders gefreut hat mich auch die Familienfreundlichkeit des Festivals. Einige Kolleg:innen haben ihre Kinder mitgebracht. Vor Ort gibt es den Locarno Kids Corner, wo man sein Kind betreuen lassen kann. Diese Möglichkeit werde ich beim nächsten Mal bestimmt in Erwägung ziehen. Während meines Studiums an der [Filmuniversität Babelsberg](/company/filmuniversitaet-babelsberg-konrad-wolf) bin ich Mutter geworden, habe parallel meinen ersten Spielfilm produziert und die Firma Carousel Film gegründet. Das klingt nach viel, aber mir ist es sehr wichtig, all das miteinander vereinen zu dürfen. Ich denke, ein familienfreundliches Umfeld kommt am Ende des Tages allen Filmschaffenden zugute.

**Welcher Film hat es Ihnen besonders angetan?**

In Erinnerung geblieben ist mir Mexico 86 von [César Díaz](/person/cesar-diaz). Die Geschichte einer Aktivistin, die vor die Wahl gestellt wird, zwischen ihrem Kind, Beruf und Idealen entscheiden zu müssen, hat mich berührt. Als Produzentin und Mutter kenne ich den Balanceakt nur zu gut. Ich wollte irgendwie schon immer alles (lacht). Ich finde, wir sollten manchmal viel kompromissloser unseren Überzeugungen nachgehen und nicht alles dreimal hinterfragen.

**Welches Treffen bleibt Ihnen besonders in Erinnerung?**

Definitiv das persönliche Mentoring mit [Katriel Schori](/person/katriel-schory). Wir haben darüber gesprochen, wie wichtig es ist, auch Projekte zu fokussieren, die man als Produktion initiiert und ins Leben ruft, wie ich es bereits bei meinem ersten Langspielfilm „Die feige Schönheit“ (Buch: [Saskia Benter Ortega](/person/saskia-benter-ortega), Regie: [Moritz Krämer](/person/moritz-kraemer)) getan habe. Der Film wird im Herbst seine Premiere feiern. Besonders wichtig finde ich, dass, egal wie man zusammenkommt, der Austausch zwischen dem Dreieck Buch-Regie-Produktion stets auf Augenhöhe stattfindet. 
Mit Carousel Film haben wir einige viel­versprechende Projekte in der Pipeline, auf 
die man gespannt sein darf. Ich freue mich darauf, mit den neu gewonnenen Kontakten großartige Filme zu produzieren, die vielleicht auch einmal auf der Piazza Grande in Locarno das Licht der Welt erblicken.


Maritza Grass: „Mir ist es wichtig, alles miteinander vereinen zu können“