Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: War es Ihr Bestreben, mit "Ronin" ein Update einiger Ihrer berühmten Genrearbeiten aus den sechziger und siebziger Jahren abzuliefern?

John Frankenheimer: So habe ich das nie gesehen, weil ich nicht glaube, daß Filme wie "French Connection 2" jemals Staub angesetzt haben. Tatsächlich gefiel mir einfach die Geschichte von "Ronin". Als ich das Buch las, wußte ich, daß ich einen Film daraus machen wollte.

BF: Warum?

JF: Mich sprach die Idee dieser Gruppe von alten Profis an, die so etwas sind wie Männer ohne Land, die man für gefährliche Jobs anstellen kann, wenn man das nötige Kleingeld bereithält. Mich faszinieren solche Jungs, die die besten ihres Fachs sind, die über ein ungemein großes Wissen verfügen, die viele Dinge und Orte gesehen haben, wovon unsereiner nur träumen kann. Ich verstehe nicht, was die Leute meinen, wenn sie im Zusammenhang mit "Ronin" von einem altmodischen Spionagefilm reden. Ich finde den Film hochmodern.

BF: Sicherlich fällt er aber aus dem üblichen Hollywood-Rahmen, weil Sie Ihre Geschichte mit für die heutige Zeit ungewohnter Ökonomie und Präzision erzählen.

JF: Ich habe den Stil der Geschichte angepaßt. Bei den Verfolgungsjagden gibt es sehr schnelle Schnitte, die dem Film Tempo verleihen. Aber mir würde im Traum nicht einfallen, wie ein Irrer während Dialogen zu schneiden oder mit der Kamera herumzufuchteln.

Das ist Schnickschnack, Nonsens


BF: Würden Sie Ihre Arbeit als Filmemacher mit der der heimatlosen Profis in Ihrem Film vergleichen?

JF: Das stimmt schon, es gibt eine "Ronin"-Qualität beim Filmemachen, vor allem wenn man betrachtet, wie der Markt heute funktioniert. Unser Job ist nur lange nicht so gefährlich.

BF: Haben Sie ein so kontrolliertes Projekt wie "Ronin" absichtlich als ersten Kinostoff nach "DNA - Die Insel des Dr. Moreau" gewählt, an dessen Set das Chaos regierte?

JF: Man sollte nicht übertreiben. Ich habe in den letzten Jahren vier Filme fürs Kabelfernsehen gemacht, einen nach "DNA", die in Europa nicht beachtet wurden, die ich aber für einige der besten Arbeiten meiner Karriere halte. "DNA" habe ich nur gemacht, weil ich mit Brando arbeiten wollte und weil ich das Geld nicht ausschlagen wollte. Aber ich verspreche Ihnen, man hat mir nicht genug bezahlt: "DNA" war das schlimmste Erlebnis meiner Laufbahn, und Val Kilmer ist der verachtenswerteste Mensch, den ich kenne.

Gute Erfahrungen mit Filmen fürs Fernsehen


BF: Warum haben Sie sich Anfang der neunziger Jahre dazu entschlossen, für das Fernsehen zu arbeiten?

JF: Einige meiner Filme waren nicht allzu erfolgreich gewesen, also wurden mir keine übermäßig spannenden Filmprojekte angeboten. "Against the Wall", ein Stoff von TNT über den Aufstand im Attica-Gefängnis, reizte mich dagegen sehr. Meine Erfahrungen waren so gut, daß ich dabei blieb. "George Wallace", meine letzte Fernseharbeit, halte ich für brillant. Aber auch der Dreh von "Ronin" machte sehr viel Spaß.

BF: Der Höhepunkt des Films sind die spektakulären Verfolgungsjagden. War es Ihre Absicht, William Friedkins AutoStunts aus "French Connection" und "Leben und Sterben in L.A." zu toppen?

JF: William Friedkin ist ein phantastischer Regisseur, und weil ich "French Connection 2" gemacht habe, würde ich mich als die lebende Kapazität für "French Connection" bezeichnen. Friedkins Verfolgungsjagden sind sensationell, und deshalb habe ich auch etwas gezögert. Dann war es aber doch zu reizvoll, da noch einmal eins draufzusetzen und echte Rennfahrer mit 100 Sachen in den entgegenkommenden Verkehr zu hetzen.

BF: Sie stehen in dem Ruf, mit Produzenten immer wieder auf Kriegsfuß zu stehen. Traf das auch bei "Ronin" zu?

JF: Ich weiß nicht, wie solche Gerüchte aufkommen. Ich hatte einige unschöne Erlebnisse mit Produzenten, die völlig unqualifiziert waren. Da muß man als Filmemacher kämpfen. Bei "Ronin" gab es keine derartigen Probleme. Im Gegenteil: Alan Ladd Jr. ist ein sehr guter Produzent, mit dem ich auch sehr gut arbeitete.

BF: Als Sie mit dem Dreh begannen, war "Ronin" das einzige große Projekt auf dem Produktionsplan von United Artists. Gab es jemals Momente, in denen Sie spürten, daß das Studio in Schwierigkeiten stecken könnte, daß es dringend einen Hit brauchte?

JF: Den hat es jetzt. Der Output von MGM/UA mag etwas dürftig sein, ich glaube aber nicht, daß das Studio in Schwierigkeiten steckt. Solange Kirk Kerkorian Geld hat, gibt es keine Probleme. Und er hat mehr Geld als wir beide Worte haben. Die Arbeit an "Ronin" verlief so reibungslos, daß ich meinen nächsten Film vermutlich wieder für MGM machen werde. Aber es ist ein teures Projekt mit vielen Drehorten, und da muß man den richtigen Star finden, sonst spielt kein Major der Welt mit - auch nicht, wenn es ihm absolut blendend geht.

Interview mit Regisseur John Frankenheimer