Blickpunkt:Film

Kino

Wir sprachen mit US-Star [Kevin Costner](/person/kevin-costner) über seine auf vier Filme angelegte Westernsaga „Horizon“, in die er viel Herzblut und Geld investierte. Dem schwachen Einspiel und Kritik stellt er seinen Glauben an sein bis dato aufwändigstes Projekt entgegen. [Tobis](/company/tobis-film) startet den ersten Film hierzulande am 22. August. Der zweite Film feiert wenige Tage später Premiere in Venedig und ist für einen Start im November geplant.


**21 Jahre nach „[Open Range – Weites Land](/movie/open-range-weites-land)“ haben Sie sich für „Horizon: Eine amerikanische Saga“ wieder in den Regiestuhl gesetzt. Warum hat es so lange gedauert?**

Ich habe immer dieses Ding im Kopf, dass ich andere Regisseure für besser halte und mir sage: ‚Diesen Film sollte lieber der oder die inszenieren, und für den anderen Film wäre doch der Name geeigneter. „Horizon“ ist erst meine vierte Regiearbeit, aber ich wusste von Anfang an, hier muss ich selbst ran. Das würde zwar hart für mich werden, aber ich müsste bei nichts
nachgeben oder Kompromisse eingehen. Ich wollte mit keinem anderen Regisseur streiten und darauf beharren wollen, dass diese oder jene Szene drin bleiben muss. Mir war es wichtig, dass das Publikum das sieht, was ich reingebracht habe. Das ist mein Versprechen, weshalb ich auch bei allen vier Teilen Regie führen muss.

**Warum lag Ihnen das so sehr am Herzen?**

Es gibt viele Western, die ich nicht mag, weil sie es sich zu einfach machen. Amerikanische Ureinwohner sehen in diesen Filmen oftmals nicht so aus wie sie wirklich waren, und auch Frauen spielen in den meisten Western keine große Rolle. Ich wollte mit „Horizon“ nicht in die gleiche Falle tappen, sondern eine authentische Saga drehen, die sich real anfühlt und zeigt, dass in Amerika einst um jede kleine Stadt gekämpft werden musste. Für viele Europäer wurde der neue Kontinent zum Traum. Sie überquerten den Ozean, aber nur diejenigen, die bereit waren, hart zu arbeiten, konnten sich das Land erobern. Ich dachte auch an die Ureinwohner, die umherwanderten, auch ihre Reise wollte ich in die Geschichte integrieren.

**Das hätte man nicht in einem Film erzählen können?**

Nein, in vier Teilen – das war von Anfang an mein Konzept. Ich bin nicht der Typ, der erst mal abwartet, wie gut der erste Teil läuft, um dann zu sagen: ‚Lasst uns jetzt so schnell wie möglich einen weiteren Teil drehen!‘ Der ist dann vielleicht nicht so gut ist wie der erste, aber es kümmert keinen mehr. Meine vier Filme sind bereits geschrieben und alles passt zusammen. Vielleicht ist das schlecht fürs Geschäft, aber meine Aufgabe sah ich darin, etwas zu entwickeln, dass das Publikum wirklich zu schätzen weiß. So etwas gelingt aber nur durch ein Drehbuch mit authentischen Charakteren an authentischen Orten mit authentischer Kleidung, um menschliches Verhalten zu untersuchen. Das Drehbuch ist der Star des Ganzen.

**Bereits seit 1988 verfolgen Sie die Idee Ihrer filmischen Vision über das frühe Amerika. Zuletzt gaben Sie sogar Ihre Erfolgsrolle in der Serie „Yellowstone“ auf, um Ihren Traum umzusetzen. Hat sich die lange Reise für Sie gelohnt?**

Man kann sich auch alle Marvel-Filme ansehen- so viele, wie man will, was gut ist. Ich mache es aber auf meine Weise, die vielleicht nicht so populär ist. Aber es lohnt sich, dass sich Leute die Zeit nehmen, um ins Kino zu gehen. Es bewegt sie, versetzt zurück in eine Zeit, als Menschen im Wilden Westen Millionen Mal in ihrer Hütte eingesperrt waren und um ihr Leben kämpften. Die Szene zwischen Vater und Sohn in einem aussichtslosen Kampf berührt mich jedes Mal selbst. Auch die Darstellung, wie die Mutter mit ihrer Tochter unter der Hütte um jeden Atemzug kämpft, war mir genauso wichtig wie die Inszenierung einer Schießerei.

![Foto: Tobis Film](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/d81acb94-327e-4237-8fec-2daf6c4825d8.png)

**Sie haben sogar Ihr eigenes Vermögen in das Projekt gesteckt. 100 Millionen Dollar sind allein für die ersten beiden Teile von „Horizon“ investiert worden. Hatten Sie nie Angst?**

Ich habe schon viele Filme produziert, auch kleinere wie „Black or White“ von 2014, der von Rassismus handelt und den sonst keiner machen wollte. Da habe ich auch mein eigenes Geld investiert, weil mir die Geschichte gefallen hat. Wenn ich eine Geschichte finde, in die ich mich verliebt habe, ändert sich nichts daran und ich werde versuchen, sie umzusetzen. Vielleicht stoße ich dabei auf Realitäten, die das nicht zulassen. Aber solange ich dazu in der Lage bin und es mir wichtig ist, werde ich meiner Liebe nachgehen. Ich will meinem Instinkt vertrauen, wenn ich etwas sehe, was mir gefällt. Dann bleibe ich dran, auch wenn ich einen Großteil davon selbst bezahlen muss. In den USA sollte „[Horizon 2](/movie/horizon-an-american-saga-chapter-2)“ bereits Mitte August herauskommen und wurde zurückgestellt. In Deutschland ist der Start am 7. November vorgesehen. Ursprünglich war eine Pause von sechs Wochen angedacht, was aber nicht möglich war. Ich kann nicht sagen, wie man darauf gekommen ist, aber es hat mir wehgetan und hätte auch den Filmen nicht gutgetan. Ich hatte geplant, dass vier bis sechs Monate zwischen den Filmen liegen sollte, damit ich weiterarbeiten kann und die jeweiligen Filme promoten kann. Der zweite Teil ist bereits fertiggestellt und wird bei den Filmfestspielen von Venedig gezeigt. Mir wurde gesagt, dass man „Horizon 2“ dort gern aufführen will. Dafür habe ich mich bedankt.

**Wie ist das geplant?**

Morgens soll in Venedig der erste Teil gezeigt werden, danach gibt es einen Brunch und nach drei bis vier weiteren Stunden, in denen die Leute etwas anderes machen können, soll am Abend der zweite Teil gezeigt werden. Ich sagte, dass ich es toll fände, wenn sie das so machen könnten. Venedig war immer meine Wahl. Als noch der Plan von nur sechs Wochen Pause bestand, hätte man den Film in Venedig nicht zeigen können. Dort laufen keine Filme, wenn sie bereits erschienen sind. Dass „Horizon 2“ nun in Venedig läuft, entspricht also mehr meinen Plan. Dafür bin ich dankbar.

**Das schlechte Einspielergebnis vom ersten Teil verstimmte nicht nur die beteiligte Produktionsfirma [New Line Cinema](/company/new-line-cinema). Wie gehen Sie mit dem Druck um?**

Das ist eine berechtigte Frage, aber ich kann mir keine Sorgen darüber machen. Ich sorge mich nur um die Wahrheit, die in einem Film steckt. Genauso sollte ich mir nicht den Kopf über negative Kritiken zerbrechen. Ich bin auch nur ein Mensch und kann dagegen nichts tun. Im New York Magazine erschien gerade etwas, das sich aus der Menge abhob. Da stand geschrieben: ‚Die bisher 20 besten Filme des Jahres‘, und man setzte „Horizon“ auf den ersten Platz. Das gab mir ein Gefühl, das ich brauchte.

**Inwiefern?**

Ich fühlte mich davor schwach, es tat einfach gut, dass gesagt wurde: „Wir haben alle bisherigen Filme des Jahres gesehen, und ‚Horizon‘ war der beste darunter.“ Was ich über Filme weiß, ist, dass sie für die Ewigkeit sind. Sie sind auch für die nächsten Generationen gedacht. Vielleicht schaut man sich einen Film auch nochmals an und entdeckt neue Details. Darum drehe ich Filme und ich vertraue meiner Arbeit. Ich weiß nicht, was zum Hit wird, aber ich bringe das auf die Leinwand, was ich für gut halte, und ich weiß, dass „Horizon“ wirklich gut ist.

![Foto: Tobis Film](https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/zone.busch.store.image/55a1392b-686c-40d7-a2cf-421a86196ed1.png)

**Werden Sie Teil 3 und 4 vollenden können?**

Der dritte Teil wird gewaltig werden. Ich habe jetzt acht Tage lang an einer Montage für „Horizon 3“ gearbeitet und mein eigenes Geld dafür ausgegeben. Am Ende vom ersten Teil gibt es eine Montage, die das Publikum auf den nächsten Teil einstimmt. „Horizon 2“ sollte keine Montage bekommen, also einfach ohne sie veröffentlicht werden. Ich sagte, das geht nicht und durchsuchte meine bereits abgedrehten Szenen für eine weitere Montage zusammen, die am Ende vom zweiten Teil gezeigt werden, um das Publikum auf den dritten Teil vorzubereiten.
Das heißt also, Sie werden trotz enttäuschender Kasseneinnahmen die komplette Saga abschließen?
Teil 3 will ich im Frühjahr fertigstellen. Es wird eine große Sache werden: Ich versuche, die Teile 3 und 4 gleichzeitig zu drehen. Wenn ich Glück habe, wird es gelingen. Die Geschichte endet nicht bei Film 2, sie endet bei 4. So viel kann ich sagen.

**Sie haben „Horizon“ für die große Leinwand konzipiert, hätte man nicht genauso eine Miniserie für den kleinen Bildschirm entwickeln können? Wurde darüber nicht zumindest mal nachgedacht?**

Ich weiß, „Horizon“ wird seinen Weg dorthin finden und selbstverständlich kann die Saga dort auch landen. Es gab Leute, die mich zu einer Serie drängen wollten, aber ich antwortete: „Nein, ich glaube an die große Leinwand.“ Mir wurde erwidert: „Kevin, das ist so dumm.“ Aber ich habe „Horizon“ nun mal fürs Kino erdacht und stehe für das Drehbuch ein, bei dem ich immer das Publikum im Hinterkopf hatte. Letztlich werden die Zuschauer darüber entscheiden.


<hr>

##### „Filme sind für die Ewigkeit, für die nächste Generation gedacht“

*Kevin Costner*

<hr>

**Sie werden als einer der letzten großen Hollywoodstars bezeichnet. Hören Sie das gern oder ist Ihnen das eher unangenehm?**

Das fühlt sich für mich wie ein Kosename an. Also akzeptiere ich es. Ich glaube an Hollywood und daran, was wir sein können. Nicht, was wir wirklich sind, was wir sein können. Ich bin weder Yoda noch die Stimme Hollywoods. Aber wenn ich zu den Oscarverleihungen gehe, versuche ich das mit einem gewissen Maß an Würde und Niveau. So wie Sidney Portier, Gregory Peck oder Sean Connery, denen ich alle die Hand schütteln durfte. Manchmal ist berühmt zu sein ein Spiel, aber eigentlich auch eine Verantwortung.

**Mit „The Dead Don’t Hurt” ist noch ein weiterer Western von Viggo Mortensen herausgekommen. Wird der Mythos über den Wilden Westen gerade neu belebt?**

Man muss den Mythos eher hinter sich lassen. Ich meine, „[Yellowstone](/tvshow/yellowstone_1)“ ist wirklich eine unterhaltsame Serie, aber jede Figur darin sollte eigentlich im Gefängnis sein. So gut die Serie auch ist, irgendwie ist es nicht authentisch, wenn Leute so etwas tun können. Der Charme von „Yellowstone“ ist der Gedanke von Unabhängigkeit: „Das ist mein Land. Ich sollte entscheiden, was ich damit mache. Ihr könnt es mir nicht wegnehmen.“ Daraus resultieren verschiedenste Charaktere. Für mich war der Westen anders: Wenn du einen Mann verloren hast, musst du einen neuen finden, dem man vertrauen kann. Moralvorstellungen spielten in dieser Zeit keine Rolle. Die Familie brauchte Schutz und die Menschen wussten sehr genau, dass sie trotz moderner Waffen im nächsten Moment ausgelöscht werden könnten. Am Schluss von „Horizon“ Teil 1 sieht man diesen Zeitungsmacher. Er wird nach Horizon kommen und versohlt werden, wenn ich es schaffe, durchzuhalten. Denn das ist meine Geschichte, und sie soll Sinn für alle machen.




**ZUR PERSON** 

Kevin Costner begann seine Karriere als Schauspieler Anfang der Achtziger und erregte im Western "Silverado" erste Aufmerksamkeit. Es folgten u.a. „[The Untouchables - Die Unbestechlichen](/movie/the-untouchables-die-unbestechlichen)" und „No Way Out - Es gibt kein Zurück“, „[Annies Männer](/movie/annies-maenner)" und „Bodyguard“. Filmgeschichte schrieb er 1990 mit seinem Western-Epos "[Der mit dem Wolf tanzt](/movie/der-mit-dem-wolf-tanzt)“, für das er zweifach Oscar prämiert wurde. Er spielte "[Robin Hood - König der Diebe](/movie/robin-hood-koenig-der-diebe)“ und „JFK“. „[Postman](/movie/postman)“ und „[Waterworld](/movie/waterworld)“ waren Flopps. Mit der Serie „Yellowstone“ feierte er ein Karriererevival im TV/Streaming. Der Auftakt seiner  Saga „[Horizon - Eine amerikanische Saga](/movie/horizon-an-american-saga)“ feierte beim Festival de Cannes Premiere und spielte bei seinem Start in den US-Kinos Ende Juni elf Mio. Dollar ein.


Kevin Costner zu „Horizon“: „Ich glaube an die große Leinwand“