Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Bereits zwei Wallander-Romane sind in Koproduktion mit dem ZDF fertig gestellt. Was hat Ihnen an der filmischen Umsetzung Ihrer Bücher gefallen, was nicht?

Henning Mankell: Ich bin mit beiden Ergebnissen sehr zufrieden. Man kann die Filme in keinster Weise miteinander vergleichen, aber das will ich auch nicht. Die Umsetzung jedes einzelnen Films ist gelungen und hat mich überzeugt.

BF: Warum wurde in "Die falsche Fährte" das Ende geändert, im Buch kommt die Schwester des Mörders bei der gemeinsamen Flucht ums Leben, im Film der Mörder selbst?

HM: Die Adaption einer Romanvorlage zur filmischen Realisation kann nur gelingen, wenn ein eigenständiges filmisches Konzept entsteht. Eine 1:1-Umsetzung ist generell nicht möglich. Bei "Die falsche Fährte" habe ich das Drehbuch geschrieben. Daraus resultiert eine stellenweise Verlagerung in der Focusierung der Figuren. Die Idee, das Ende umzugestalten, ist die konsequente Auserzählung zuvor getroffener Entscheidungen.

BF: Gibt es bei "Die fünfte Frau" ähnlich starke Abwandlungen?

HM: Auch hier trifft zu, dass eine eigenständige dramaturgische Filmbearbeitung Voraussetzung ist, um den Inhalt der Romanvorlage möglichst getreu umzusetzen. Ein Knackpunkt bei dieser Geschichte war u.a. die Fragestellung, wie man das Vorleben der Täterin, die Hintergrundgeschichte in Algerien, zur Darstellung bringt. Im Roman wird dieser Erzählstrang an den Anfang gesetzt, im Film geschieht dies - in erweiterter Form - als Epilog.

BF: Warum wurde in beiden Filmen mit verschiedenen Regisseuren, Leif Magnussen und [Birger Larsen](/person/birger-larsen), gearbeitet?

HM: Dieser Umstand hat mit einer konzeptionellen Entscheidung zu tun: Wir versuchten, den gleich gebliebenen Hauptcast mit extremen Handschriften junger, innovativer Regisseure zu konfrontieren. So bleibt einerseits der Reihencharakter erhalten, andererseits sollte die Überraschung gelingen, immer wieder neue Blickwinkel zu setzen. Die Voraussetzung dafür war allerdings: keine ästhetischen Selbstläufer, sondern stets eine handfeste, inhaltliche Reibung.
BF: Wo sehen Sie Unterschiede in ihrer Arbeit?

HM: Sie arbeiten beide sehr unterschiedlich, sind aber auf ihre Art und Weise gut. Ich kann und möchte die beiden Filme nicht miteinander vergleichen. Außerdem mag ich es, wenn die einzelnen Romanverfilmungen dadurch einen unterschiedlichen Stil bekommen.

BF: In welcher Form konnten Sie Einfluss auf die Produktionen nehmen?

HM: Bei diesen Koproduktionen haben wir alle inhaltlichen Entscheidungen (Cast, Buch, Schnitt) gemeinsam getroffen. Wir haben bewusst auf die Besetzung deutscher Charaktere verzichtet, da es uns, um den originären Charakter der Geschichten zu wahren, als inhaltlich falsch erschien. Kein "Europudding", sondern eine gemeinsame kreative Suche nach der Umsetzung der Inhalte. Solch ein Koproduktionsmodell sollte Nachahmer finden.

BF: Ältere Wallander-Romane wie "Die weiße Löwin" liefen im Kino. Welches Format finden Sie für Ihre Geschichten geeigneter, Mehrteiler oder Spielfilm?

HM: Ich habe das Gefühl, dass meine Bücher teilweise so komplex sind, dass sie als Fernsehfilm-Reihe besser umgesetzt werden können. Andererseits kommt es immer darauf an, wie sie gemacht sind. Ehrlich gesagt, habe ich dazu momentan keine richtig feste Meinung.

BF: Fällt es Ihnen schwer, Ihre eigenen Romane in Drehbücher zu fassen?

HM: Ich mag es nicht besonders, die Drehbücher zu meinen Romanen zu schreiben. Man muss alles noch einmal von vorn beginnen, das finde ich ein wenig langweilig. Ich habe es gemacht, aber nur weil ich eine konkrete Idee für die Umsetzung im Kopf hatte. Ich finde es besser, wenn andere Personen mit ganz frischem Blick daran arbeiten. Natürlich muss ich mit der Person einverstanden sein.

BF: Wie ist der Stand der Dinge bei "Mitsommermord"?

HM: Derzeit arbeitet das ZDF parallel an zwei Büchern: "Mittsommermord" und "Der Mann, der lächelte". Letzterer soll 2003 wieder zwischen den Jahren gezeigt werden. Für "Mittsommermord" wird noch über eine Vorwegauswertung im Kino nachgedacht. Der Drehbeginn für beide Produktionen soll im Frühjahr 2003 stattfinden.

BF: Was sind Ihre nächsten Pläne, sowohl literarischer als auch filmischer Natur?

HM: Es gibt Pläne, aber ich rede nicht gern darüber, so lange sie noch nicht wirklich konkret sind.

Henning Mankell über die Wallander-Verfilmungen im ZDF