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Blickpunkt:Film: Welche Bedeutung hat der Emmy für "Mein Vater"?

Georg Feil: Die deutschen TV-Movies und -Serien genießen auf dem internationalen Markt mittlerweile außerordentliches Ansehen. Wenn jetzt dieser Preis dazu kommt und deutsche Produktionen wieder einmal vor der gesamten Weltelite hervorgehoben werden, dann tut uns das allen sehr gut. Denn wir sind momentan besonders darauf angewiesen, durch Verkäufe ins Ausland oder mit Koproduktionen unsere Finanzierungen zu sichern. Für die Colonia Media hat die Auszeichnung noch einen speziellen Aspekt: Wir machen neben unseren Primetime-Reihen und Fernsehspielen immer wieder Stücke, die auch mal nicht im Mainstream liegen. Diese heute zu akquirieren oder deren Finanzierung hinzubekommen, ist immer schwieriger geworden. Durch den Emmy wird dies wieder leichter.

BF: Empfinden Sie besondere Genugtuung über den Emmy-Erfolg und die übrigen Auszeichnungen, nachdem "Mein Vater" beim Deutschen Fernsehpreis gar nicht berücksichtigt wurde?

GF: Das ist die Freiheit der Jury. Wenn sie so entschieden hat, ist das in Ordnung. Unabhängig davon beobachte ich aber schon, dass in Deutschland die Unsicherheit bei der Beurteilung der eigenen Produktionslandschaft wächst - das gilt für Juroren ebenso wie für Journalisten oder Produzenten. Ich finde es nachdenkenswert, wenn uns das Ausland, das wir bislang eher für mainstreamig gehalten haben, darauf hinweist, was Qualität ist und uns so ermuntert, an unsere eigenen Qualitäten zu glauben.

"Produzentenlandschaft ist akut gefährdet"

BF: Sehen Sie die Produktionsbranche nach den jüngsten Erfolgen, wie z. B. auch "[Lengede](/tvshow/das-wunder-von-lengede)" in einer gestärkten Position gegenüber den Sendern?

GF: Unbedingt. "Lengede" ist eine Produzentenleistung allerersten Ranges. Und bei den "[Die Manns](/tvshow/die-manns-ein-jahrhundertroman)" musste die [Bavaria](/company/bavaria-film) im letzten Jahr wie wir bei "Mein Vater" als Produktionsfirma auch einen langen Atem haben. Das dafür notwendige Selbstbewusstsein ist das Ergebnis einer gewachsenen und tüchtig gewordenen Produzentenlandschaft. Diese ist allerdings akut gefährdet, weil wir nicht mehr ausreichend nationale Ressourcen für die Finanzierung dieser und anderer Produkte finden. Wenn z. B. die Gebührenerhöhung ausbleibt, werden im kommenden Jahr noch einmal 50 bis 80 Fernsehspiele gestrichen werden. Diese Aufträge sind nämlich die einzigen Vertragsbindungen der Sender, die sie sofort aufkündigen könnten. Das wäre absolut fatal, nachdem die deutsche Produktionswirtschaft diese internationale Anerkennung erreicht hat. Es würde einen Erfolg zunichte machen, den wir in den vergangenen 15 Jahren gezielt aufgebaut haben.

BF: 17 Jahre lang gab es keinen Emmy für deutsche Fiction-Produktionen, jetzt gleich zwei in Folge. Hat sich die Qualität der deutschen Movies insgesamt verbessert?

GF: Die Qualität hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Das bestätigen uns auch immer wieder ausländische Kollegen. Bei der Emmy-Verleihung ist quasi der Knoten geplatzt, es gab ja noch einen weiteren Preis für "[Das Leben geht weiter](/movie/das-leben-geht-weiter)" und zudem zwei Nominierungen für deutsche Programme.

BF: Wird der deutsche Film im Ausland mittlerweile anders wahr genommen?

GF: In der Vergangenheit hat man im Ausland deutsche Filme erwartet, die die Handschrift eines Klassikers trugen - Filme von [Wenders](/person/wim-wenders), [Herzog](/person/werner-herzog) oder [Fassbinder](/person/rainer-werner-fassbinder). Jetzt erst nimmt man wahr, dass es eine deutsche TV-Movie- und Filmproduktion gibt, die dem internationalen Verständnis sehr viel näher ist, als man bisher gedacht hatte. Man begreift zunehmend, dass der deutsche Film nicht nur Kunstfilm ist, sondern auch Projekte hervorbringt, wie "Mein Vater" - und dass diese Filme sehr viel mehr das Filmschaffen hierzulande repräsentieren. Das haben wir auch im letzten Jahr am internationalen Erfolg der Nachwuchsfilme wie "[Milchwald](/movie/milchwald)" von [Christoph Hochhäusler](/person/christoph-hochhaeusler) und "[Karamuk](/movie/karamuk)" von [Sülbiye Günar](/person/verena-s-freytag) gemerkt, die wir unter unserem Label "131" koproduziert haben.

"Vorzeigbarer Erfolg in der Gebührendiskussion"

BF: Können Sie die wirtschaftlichen Effekte des internationalen Erfolgs von "Mein Vater" bereits abschätzen?

GF: Schon nach den Preisen in Biarritz und Banff hat sich hier eine sehr positive Entwicklung abgezeichnet. Für eine Bilanz "nach dem Emmy" ist es aber noch zu früh. Der Erfolg in New York ist eine Bestätigung unserer guten Zusammenarbeit mit dem WDR. Dieser kann nun auch in der Gebührendiskussion vorzeigen, was man mit diesen Geldern machen kann. Als Produzenten wissen Frank Döhmann und ich in diesem Sender nun einen noch stärkeren Partner auf unserer Seite.

BF: Werden Sie jetzt verstärkt Stoffe produzieren, die in die Richtung von "Mein Vater" gehen?

GF: Wir haben immer verschiedene Programmtypen nebeneinander entwickelt und hergestellt. Wir werden in Zukunft keine größere Zahl von vielleicht sperrigen Stücken machen, aber wir werden sie jetzt mit größerem Selbstbewusstsein produzieren. Wir werden uns auch mit größerer Ruhe über Ablehnungen hinweg setzen und diese Stoffe kontinuierlich weiter entwickeln. Es ja auch fünf Jahre gedauert, bis die richtige Zeit für "Mein Vater" gekommen war. Der "Emmy" bestätigt uns in unserer Strategie unsere kreative Produktionseinheit langfristig und konsequent beisammen zu halten. Ich bin vor zehn Jahren nach Köln gegangen, um die Colonia Media aufzubauen, Sonja Goslicki ist kurz danach gekommen. Wir haben diese Zeit (und auch schon unsere vorhergehende Zusammenarbeit bei der Bavaria Film) gebraucht, um solche Stoffe zu entwickeln und uns auch in deren Beurteilung sicher zu werden. Ich beobachte aus Sicht des Produzentenverbandes, dass viele Firmen, die die gleichen Qualitäten haben, durch die allgemeine finanzielle Entwicklung in große Schwierigkeiten geraten. Mit einer Restriktion der Gebührenerhöhung würde die Politik mit ihren populistischen Argumenten nicht nur die Pleite solcher Firmen riskieren, sondern den Zusammenbruch einer kreativen Produktionselite, der wir diese internationalen Erfolge verdanken. Das wäre eine Verarmung der deutschen Produktionswirtschaft, die alle Erfolge der Boomjahre zunichte machen würde.

Georg Feil zum Emmy-Erfolg für "Mein Vater"