Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Der Titel "Eine pornografische Beziehung" führt auf eine falsche Fährte. Vielleicht erwartet das Publikum einen Pornofilm?

Frédéric Fonteyne: Ich hoffe nicht, dass sich das Problem stellt. Schon wegen Nathalie Baye, die wohl niemand in einem Porno vermutet. Der Titel weckt Neugierde und Imagination. Als mir Drehbuchautor Philippe Blasband das Projekt vorschlug, war ich gerade deswegen wie elektrisiert, wollte wissen, was dahintersteckt.

BF: Was ist das Neue an diesem Liebesfilm?

FF: Er spiegelt den Zeitgeist wieder. Früher lernte man sich über die Familie kennen. Heute treffen wir zwar ständig andere Menschen, leben jedoch isoliert, suchen uns Partner über Kleinanzeigen oder das Internet, das Blind Date fungiert als eine Art Gesellschaftsspiel. Trotz aller sexueller Liberalität wagen wir es nicht, unsere Wünsche zu äußern, suchen die Anonymität, um Fantasmen auszuleben. Da stimmt etwas nicht. Wahrscheinlich sind wir heute verklemmter als früher.

BF: Waren Nathalie Baye und Sergi Lopez Ihr Traumgespann?

FF: Ich konnte mir nie jemand anders als Nathalie Baye vorstellen. Als ich Sergi Lopez vorschlug, erklärte mich mein Produzent erst einmal für verrückt. Aber die Kombination und Chemie stimmten hundertprozentig. Ich benötigte zwei glaubhafte Figuren, denen man ihre Erfahrungen, Enttäuschungen und Abgeklärtheit in Sachen Liebe abnahm.

BF: An welchen Vorbildern orientierten Sie sich?

FF: Ich liebe den Humor von Woody Allen, wenn es um zwischenmenschliche Beziehungen geht. Aber mich inspirierte vor allem Ingmar Bergmans "Szenen einer Ehe".

"Keine funktionierende Filmindustrie in Belgien"


BF: Wie kann man überhaupt in dem kleinen Belgien Filme machen?

FF: Es gibt allein vier Filmhochschulen, die jedes Jahr neue Talente ausspucken. In den vergangenen Jahren gewann der belgische Film an Renommee, denken Sie an Jaco van Dormael mit "Der 8. Tag" oder Alain Berliner mit "Mein Leben in Rosarot". Allerdings gilt der Prophet im eigenen Land nichts. Erst wenn unsere Filme auf internationalen Festivals oder im Ausland laufen, nimmt man sie wahr. Leider fehlt es an einer funktionierenden Filmindustrie. Und Subventionen fließen nur tröpfchenweise.

BF: Wie haben Sie Ihren Film produziert?

FF: Die Finanzierung lief relativ schnell. Neben meinem belgischen Produzenten, der schon meine Kurzfilme und meinen ersten Spielfilm produzierte, beteiligten sich noch Frankreich und die Schweiz. Das Budget betrug auch nur 20 Mio. Franc (knapp 6,5 Mio. Mark) bei zwei Monaten Drehzeit. Koproduktionen in Belgien selbst sind schwierig, das größte Handicap ist der Sprachstreit zwischen Wallonen und Flamen. Bei Koproduktionen zählt man akribisch genau die Anzahl der Worte in Französisch oder Flämisch, das macht jede Story kaputt. Die Kommunikation zwischen den Filmemachern aus den verschiedenen Landesteilen ist zwar gut, aber die Politik zerstört jegliche gemeinsame Kreativität.

BF: Wo sehen Sie Ihre Zukunft?

FF: Jedes Projekt erfordert einen anderen Drehort, also kann ich in Belgien bleiben. "Eine pornografische Beziehung" habe ich in Paris gedreht. Der nächste Film kann auch in der Wüste spielen. Ich bin Europäer aus Überzeugung. Wir sollten uns gegen die amerikanische Übermacht etwas einfallen lassen. Natürlich lockt das große Geld in Hollywood, aber man sollte abwägen, was man dafür aufgibt.

Frédéric Fonteyne zu "Eine pornografische Beziehung'