Blickpunkt:Film

Film

Seit 2005 sind Sie gemeinsam mit [Tom Zickler](/person/tom-zickler) stets auch der Produzent der von Ihnen inszenierten Filme. Wie gut kommt der Produzent Til Schweiger mit dem Filmemacher Til Schweiger klar?


[TIL SCHWEIGER](/person/til-schweiger): Wir haben einen guten Draht zueinander, weil der Regisseur und der Produzent eigentlich dasselbe wollen. Es gibt kein Feindbild bei uns - die Kreativen auf der einen, die Geschäftsleute auf der anderen Seite, und beide Seiten feinden sich an. So habe ich das erlebt, als ich bei der Serie "Die Kommissarin" mitgespielt habe.


Haben Sie solche Erfahrungen dazu gebracht, Produzent Ihrer Regiearbeiten werden zu wollen?


Nein. Ich wollte Produzent werden, um meine eigenen Geschichten erzählen zu können. Bei mir gab es aber auch von Anfang, seit ["Knockin' On Heaven's Door"](/movie/knockin-on-heavens-door), keine wirkliche Trennung zwischen den Aufgaben. Schon damals hatte ich den Wunsch, die Geschichte so zu verfilmen, wie man sie sich im Kopf erträumt. Deshalb musste ich zwangsläufig Produzent und Regisseur werden, sonst wäre das niemals möglich gewesen. Es ist besser, wenn man etwas selbst macht. Dann trifft man selbst die Entscheidungen und kann auch die Verantwortung übernehmen. Ich erinnere mich, dass mir mein Aufnahmeleiter Mark Popp nach der Hälfte der Dreharbeiten von ["Barfuss"](/movie/barfuss) ganz klar gesagt hat: Wenn Du so weitermachst, dann landen wir 400.000 Euro über Budget. Wollen wir den Dreh eindampfen, dass wir bei null rauskommen? Oder willst Du so weitermachen? Ich wollte so weitermachen, weil ich an den Film geglaubt habe. Das war meine Entscheidung - und sie war richtig, weil der Film das Geld zurückverdient hat. Der Produzent hat dem Filmemacher Rückendeckung gegeben.


Dann wäre Produzieren ja einfach. Oder darf manchmal auch der kühl kalkulierende Produzent gewinnen?


Sicher, sonst wäre ich ja verantwortungslos. Es geht um ein Arrangement zwischen den beiden Seelen in meiner Brust. Bei "[Schutzengel](/movie/schutzengel_d)" standen uns 7,5 Mio. Euro Budget zur Verfügung. Ich wollte einen Actionfilm drehen, bei dem es richtig zur Sache geht. Deshalb sollte auch das ganze Geld in die SFX gehen. Also haben wir an allen anderen Ecken und Enden gespart, wie wir nur konnten. Ich habe auf fremde Musik verzichtet, wir haben preiswerteres Catering organisiert. Oder bei "[1 1/2 Ritter](/movie/1-12-ritter-auf-der-suche-nach-der-hinreissenden-herzelinde)" habe ich auf zusätzliche Reiter und Fackeln verzichtet, um das Budget nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Da muss man manchmal die Zähne zusammenbeißen und das Beste aus dem machen, was einem zur Verfügung steht.


Seit "Barfuss" produzieren Sie unter dem [Barefoot](/company/barefoot-films_9)-Banner. Davor gab es aber bereits [Mr. Brown Entertainment](/company/mr-brown-entertainment-filmproduction).


Mr. Brown hat zwei Filme produziert, "Knockin' On Heaven's Door" und ["Eisbär"](/movie/der-eisbaer). Das fiel in die Zeit, in der der Neue Markt explodierte und die Filmfirmen an die Börse strebten. Da mussten laufend neue Meldungen generiert werden, um die Aktionäre milde zu stimmen. Ich hatte viele Angebote für Mr. Brown, habe mich dann aber für Hanno Huth und Senator entschieden und auf viel Geld verzichtet, weil ich dachte, dass ich mit Hannos Hilfe nach meinem Umzug in die USA Independent-Filme in Amerika produzieren könnte. Das erwies sich schnell als Irrtum. Wir haben uns in die Haare bekommen, und Hanno hat sämt­liche Filme blockiert, was einem Berufsverbot gleichkam, weil ich als Produzent an Mr. Brown gebunden war. Barefoot Films wurde für "Barfuss" gegründet, und da durfte ich wegen dieser Situation selbst gar nicht gelistet werden. Erst seitdem ich Mr. Brown zurückkaufen konnte, gehört mir auch Barefoot Films offiziell.


 Ihr Produktionspartner ist seit den frühen Tagen Tom Zickler.
Für mich ist er der perfekte Mitstreiter. Ich schätze seine bedingungslose Loyalität und seinen Humor. Und wir ergänzen uns ideal. Er kümmert sich um all die Dinge, um die ich mich nur ungern kümmere - Finanzierung, Einreichungen, Anträge. Er ist es, der Dinge möglich macht, und es damit auch mir ermöglicht, meine Filme so umzusetzen, wie ich es gern möchte. Ich brauche jemanden, der mir den Rücken freihält. Sehen Sie sich ["Honig im Kopf"](/movie/honig-im-kopf) an: Ich habe Regie geführt, ich habe mitgespielt, zum Glück nur eine Nebenrolle diesmal, ich habe den Film während des Drehs geschnitten. Ich tauche ab in einen Tunnel und kann mich um die anderen Dinge nicht kümmern. Das erledigt Tom. Das ist perfekt.


Es macht Ihre Filme auch unverkennbar.


[Tim Wilde](/person/tim-wilde) hat für das Making-of von "Honig im Kopf" gesagt: "Zeigen Sie mir eine beliebige Szene aus einem beliebigen Film und ich werde Ihnen sagen können, ob sie von Til Schweiger inszeniert wurde. Weil seine Filme ehrlich und gerade sind." Darauf bin ich stolz. Natürlich kann man es nicht allen recht machen. Es gibt viele Leute, die meine Filme nicht mögen. Es gibt aber auch viele Leute, die eine vorgefertigte Meinung haben, ohne meine Filme gesehen zu haben, und sie dann revidieren müssen. Aber das entzieht sich meiner Kontrolle. Ich versuche einfach nur, meine Filme so gut zu machen, wie ich es kann.


War es schwierig, "Honig im Kopf" zu produzieren?


Es war anstrengend. Wir hatten viele Dreh­tage, und die Hauptrollen wurden von einem 79-Jährigen und einer Elfjährigen gespielt. Das muss man berücksichtigen. Aber beide waren wie Soldaten, es war Wahnsinn. Die Produktion selbst war nicht schwierig. Schwierig war das Drehbuch. Aber wenn man dann ein Drehbuch hat, das alle gut finden, dann bringt Barefoot Films genug Erfahrung und Know-how mit, um für einen reibungs­losen Ablauf zu sorgen. Was man nicht einplanen kann, sind Unglücke. Oder das Wetter. Beim Dreh des Gartenfests hat es beispielsweise gegossen wie aus Kübeln - bei schönem Wetter hätte man da noch viel mehr herausholen können. Dafür waren die Bedingungen beim Dreh in Südtirol und Venedig absolut perfekt. Tatsächlich lief es in Venedig trotz unserer Befürchtungen, wegen des Touristentrubels nur bedingt an die gewünschten Aufnahmen zu kommen, so gut, dass wir zwei geplante Drehtage einsparen konnten. Das freut natürlich auch den Produzenten. Allzu oft kommt das leider nicht vor.


Entsprechen Ihre Filme im Endergebnis ­Ihren ursprünglichen Vorstellungen?


Meine Erfahrung ist, dass sie immer noch besser und schöner sind, als ich es mir ausgemalt habe. Weil man inspiriert wird von den Locations und den anderen Schauspielern, die immer noch etwas mitbringen, was nicht absehbar war.


Können Sie sich vorstellen, für einen anderen Produzenten zu drehen?


Wenn dieser Produzent eine Geschichte im Gepäck hätte, die ich unbedingt verfilmen will. Am liebsten würde ich es in Form einer Koproduktion lösen. Aber auf jeden Fall würde ich mir den Final Cut zusichern lassen. Sonst würde ich es nicht machen. Das ist einer der Gründe, warum ich nicht glaube, jemals in den USA zu drehen. Die Vorstellung, dass ein anderer meinen fertiggestellten Film noch einmal umschneidet, ist ein Horror. Daran würde ich zerbrechen. Ich bin zufrieden, dass ich mich in der Situation befinde, wie sie sich gerade darstellt: Warum soll ich nach Amerika gehen, wenn ich hier Filme machen kann wie "Honig im Kopf", die voll und ganz meinen Vorstellungen entsprechen?


Der Produzent war nach Fertigstellung von "Honig im Kopf" also zufrieden mit ­seinem Regisseur?


Ich finde, der Filmemacher hat einen guten Job gemacht. Er ist ziemlich im Budget geblieben, was gut ist, aber leider nicht immer der Fall ist. Und er hat das Geld, das ihm zur Verfügung stand, vernünftig ausgegeben. Spaß beiseite: Auch Künstlern kann man zumuten, verantwortungsvoll mit Geld umzugehen. Ich habe kein Verständnis für Regisseure, die rücksichtlos mit dem Budget umgehen und ihre Produzenten sehenden Auges in den Ruin treiben. Ich finde es anmaßend, wenn sich ein Regisseur für die letzte Cola in der Wüste hält. Film macht man gemeinsam, partnerschaftlich, in Zusammen­arbeit. Und man macht sie für das Publikum. Das darf man nie vergessen.

"Viele Leute mögen meine Filme nicht"