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Blickpunkt:Film: Wie kam es zu dieser dunklen Romanze?

Laetitia Colombani: Ich habe mich schon während des Studiums für das Thema Wahnsinn im Kino interessiert und meine Abschlussarbeit darüber verfasst, das ganze Spektrum von [Roman Polanskis](/person/roman-polanski) "[Ekel](/movie/ekel)" bis [Jonathan Demmes](/person/jonathan-demme) "[Das Schweigen der Lämmer](/movie/das-schweigen-der-laemmer)" noch mal angeschaut. Allerdings dauerte es vom ersten Entwurf bis zur endgültigen Drehbuchfassung knapp vier Jahre. Dieses sich in der Fantasie auf einen Partner Fixieren musste ich glaubwürdig vermitteln. Dafür habe ich jede Menge psychiatrischer Bücher gewälzt. Erstaunlich, dass das De-Clérambault-Syndrom v.a. bei Frauen vorkommt, und kaum Chancen auf Heilung bestehen.

Kniff, um Scheinwelt aufzubrechen

BF: Sie erzählen ein- und dieselbe Geschichte aus zwei Perspektiven mit einem Epilog. Warum diese narrative Struktur?

LC: Kollegen und Freunde warnten mich vor der komplizierten Struktur, sie sei zu schwierig und der Zuschauer würde das Interesse verlieren, lautete das Argument. Bei diesem Sujet musste ich einen Kniff finden, um die amouröse Scheinwelt aufzubrechen. Eine ganz normale Liebesgeschichte à la man trifft sich, liebt sich, heiratet oder trennt sich, reizt mich auch nicht besonders. Viel komplexer empfinde ich die wohl dosierte Beimischung von Psychothriller-Elementen, das Geheimnisvolle an der Figur, deren Abgründigkeit sich erst sukzessive herausschält. Im ersten Teil zeige ich einzelne lose Mosaikstückchen, die sich dann im zweiten Teil durch den Blick des Mannes zu einem Ganzen zusammenfügen. Dabei musste ich aufpassen, nicht durch die notwendige Wiederholung einiger Szenen zu langweilen.

BF: Inwieweit spielte bei der Entscheidung für Audrey Tautou ihr Starpotenzial eine Rolle?

LC: Überhaupt nicht. Als Schauspielerin wollte ich sogar selbst erst den Part übernehmen, schreckte aber vor der Anforderung zurück, mich selbst zu inszenieren. Ich hatte Audrey Tautou in "[Schöne Venus](/movie/schoene-venus)" gesehen und suchte ein engelsgleiches, sanftes Wesen, dem man nichts Böses zutraut. Nicht umsonst heißt die Hauptperson Angélique. Eine Woche nach dem Start von "Die fabelhafte Welt der Amélie" habe ich Audrey die Rolle vorgeschlagen und sie sagte sofort zu. Wer ahnte damals schon den weltweiten Erfolg des Films?

BF: Und wie verlief die Zusammenarbeit?

LC: Am Anfang war ich sehr aufgeregt und schüchtern, aber Audrey Tautou mochte das Buch, die Chemie stimmte zwischen uns. Sie ist 23, ich 26 Jahre alt. Am Set waren wir ein junges Team, das tat meinem Selbstbewusstsein gut.

BF: Selbst nach zwei Jahren Psychiatrie-Aufenthalt wirkt Tautou noch frisch und entzückend. Ist das realistisch?

LC: Wir haben alles versucht, sie mit fettigen Haaren und bleich geschminkt relativ mitgenommen aussehen zu lassen. Aber sie strahlt dieses Zauberhafte aus. Dennoch hoffe ich, dass man nicht nur die "Amélie" in ihr sieht.

BF: Wie holten Sie Produzent [Charles Gassot](/person/charles-gassot) ins Boot?

LC: Ich kannte ihn durch meine Arbeit als Praktikantin bei "[Beaumarchais - der Unverschämte](/movie/beaumarchais-der-unverschaemte)". Das Drehbuch habe ich ihm geschickt mit der Bitte um einige Ratschläge. Ihm gefiel es und er hat es produziert. Wir haben am Anfang sehr viel diskutiert, er wollte genau wissen, wie ich mir den Film vorstelle. Er stellte mir Caroline Thivel zur Seite, nicht zur Kontrolle, sondern zur Unterstützung bei den Dialogen und der Figurenzeichnung. Ich konnte die Schauspie-ler aussuchen, den Drehort Bordeaux, die Musik und die Verantwortliche für den Schnitt. Er vertraute mir und ließ mir sehr viel Freiheiten. Ich wusste aber, wenn irgendetwas schief läuft, ist er für mich da. Wir werden auch in Zukunft miteinander arbeiten, ich mag seine Risikobereitschaft und Aufmerksamkeit.

"Keine kleine Summe für einen Debütfilm"

BF: Wie hoch war das Budget?

LC: Ungefähr 5,3 Mio. Euro, keine kleine Summe für einen Debütfilm. Gassot stattete mich mit denselben Mitteln aus wie einen erfahrenen Regisseur. Am Erstlingswerk zu sparen, hält er für den falschen Ansatz. Die Finanzierung war nicht einfach. Wir verfügten weder über CNC-Gelder noch CanalPlus, einzig die Beteiligung von zwei Fernsehanstalten, TF1 Films Production und TPS Cinema stand fest.

BF: Warum haben Sie in Ihrer Heimatstadt Bordeaux gedreht?

LC: Ich fühlte mich da einfach sicherer. Auch beim Schreiben stellte ich mir Bordeaux vor, schon wegen der sommerlichen Stimmung am Meer. In Paris reagieren die Leute aggressiv auf Dreharbeiten, in Bordeaux dagegen legte uns niemand Steine
in den Weg, im Gegenteil, wir stießen auf Sympathie und Verständnis - eine Riesenerleichterung für eine Anfängerin.

BF: Wird Ihr nächster Film wieder eine Lovestory?

LC: Ich weiß noch nicht, für welche meiner Ideen ich mich entscheide. Ich möchte auch die Schauspielerei nicht aufgeben. Mal sehen, wie ich beides in Zukunft unter einen Hut bekomme.

Laetitia Colombani zu "Wahnsinnig verliebt"